So, 15.01.2006

Zeitzeuge Hans Jandl berichtet über Flucht und Vertreibung in der Nachkriegszeit

„Ich war auch mal so jung wie ihr, aber ich musste meine Heimat verlassen …“ – Zeitzeuge Hans Jandl berichtet über Flucht und Vertreibung in der Nachkriegszeit

„Ich war auch mal so jung wie ihr.“ Es klang für uns fast etwas sehnsüchtig nach Erinnerung an schöne Jugendtage. Der frisch gebackene Dr. phil. (mit 83 Jahren!) Hans Jandl war am Studientag, den 16. Januar 2006 zum zweiten Mal zu Besuch am Hansenberg, um als Zeitzeuge der Geschichte über das Thema Flucht und Vertreibung der Deutschen in der Nachkriegszeit aus eigener Erfahrung und persönlichem Erlebnis zu berichten. Seine Erzählungen aus der (Nach-)Kriegszeit scheinen aus einer anderen Welt zu kommen, tatsächlich liegen sie aber erst um die 60 Jahre zurück.

Wie der sehr jugendlich und aufgeräumt wirkende Großvater von Liska Schmitz (aus Klasse 13) berichtet, war die Not dieser Zeit einfach unbeschreibbar. Und wenn man sie heute beschreibt, dann ist es nicht begreifbar. Der einzige Anhaltspunkt für uns jugendliche Zuhörer ist die von Herrn Rauh, dem Organisator des Gesprächs, aufgehängte Europakarte, die wir uns immer wieder ansehen: „Hier liegt meine Heimat – Rothmühl im Sudetenland“ Hans Jandl veranschaulicht uns auf der Landkarte eindrücklich seine Vertreibungswege.

Seine Heimat musste Jandl nach dem Zweiten Weltkrieg verlassen. Der Achte Mai 1945 war ein Tag der Befreiung, so Jandl, aber für die Vertriebenen fing da erst das Leid an. Und so berichtet Hans Jandl, dass er von einer Gefangenschaft in die nächste geraten ist. Einmal sollte er ein Grab für sich selbst schaufeln und ein anderes Mal lagen sie mit 26 Personen in einer Zelle für Drei – „wie die Sardinen!“. Danach kam der Kriegsheimkehrer als „Strafe“ in ein Kohlebergwerk und musste Zwangsarbeit verrichten. Dazu wurden die Arbeiter in engen Schächten unter Tage gebracht, aber Hans Jandl hat sich so lange beschwert, bis er fortan „über Tage arbeiten durfte“.

Schließlich ist er dann aber in die amerikanische Zone geflohen. „Meine Angebetete war ja in Passau!“ Der Zeitzeuge schaut lange und bedächtig seine Frau gegenüber in der Gesprächsrunde sitzend an. Sie lächelt milde und nachsichtig. Wir sehen ein glückliches Paar. Abschließend erklärt uns Hans Jandl, dass die Eingliederung in Deutschland vollends geglückt sei. Heute fühlt er sich hier im Rheingau zuhause und es wurde gute Aufbauarbeit in Deutschland geleistet. Aus dem Geschichtsunterricht ist uns das als Deutsches Wirtschaftswunder bekannt.

Hans Jandl hat am Studientag Geschichte für uns lebendig werden lassen. Es war sehr anschaulich und beeindruckend für uns Zuhörer aus den Klassen 11 und 12. Auch wenn wir es uns vielleicht nicht vorstellen können, so haben wir wenigstens einen kleinen Einblick in diese schwere Zeit erhalten.