Do, 21.05.2015

Vortrag von Prof. Karl Heinrich Schäfer zum Thema Rechtstaatlichkeit und Menschenwürde vor der Jahrgangsstufe Q2

Am Freitag, dem 22. Mai 2015, besuchte Prof. Dr. Karl-Heinrich Schäfer die Politik und Wirtschaft-Kurse der Q2.

Nach seinem Jurastudium in Gießen und Heidelberg war er unter anderem als Richter am Landgericht Gießen, als Leiter der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt und Butzbach, sowie als Direktor des Hessischen Rechnungshofs tätig. Zusätzlich hatte er einen Lehrauftrag an der Evangelischen Fachhochschule in Darmstadt inne. Außerdem ist er ehemaliger Präses der Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Für sein langjähriges ehrenamtliches Wirken wurde er mit dem hessischen Verdienstorden sowie durch die EKHN mit der Martin Niemöller-Medaille geehrt.

„Fürchte dich nicht! Ich räche nichts Böses, sondern zwinge zum Guten. Hart ist meine Hand, aber liebreich mein Gemüt.“ Zu Beginn zeigte Herr Schäfer uns durch diese Zitat aus dem 16. Jahrhundert an einem Amsterdamer Gefängnis, dass der Strafvollzug der Erziehung durch gut gemeinte Taten dienen soll und es sich keinesfalls um Vergeltung handelt. Er betonte, dass es sich um einen irdischen Schuldausgleich handelt, bei dem es uns nicht zusteht, die letzte irdische Entscheidung – über die Todesstrafe – zu treffen. So urteilte auch das Bundesverfassungsgericht.

Der überzeugte Vertreter von Rechts- und Sozialstaatlichkeit machte uns mit dem Begriff der „besonderen Schwere der Schuld“ vertraut, erstmals verwendet im Zuge des Ausschwitz-Prozesses und eine diffizile Entscheidung aufgrund der Schwierigkeit der Wertung moralischer Art. Der Begriff der „Schuld“ erschien erst später im Bundesgesetzbuch, doch das Oberlandesgericht sowie das Bundesverfassungsgericht stimmten dem Urteil mit Bezug auf die besondere Schwere der Schuld zu.

Auch erfuhren wir wie schwierig ein Vergleich zwischen verschiedenen Vergehen ist, besonders ein wirtschaftliches Vergehen wie Steuerhinterziehung mit Mord.

Darüber hinaus wurde das Thema der Sicherungsverwahrung angesprochen, bei dem Herr Schäfer uns klar machte, dass Sicherungsverwahrte keine Straftäter mehr sind und alles Negative des Strafvollzugs wegfällt. So steht Sicherungsverwahrten beispielsweise Therapie zu, denn das Ziel muss sein, sie wieder auf die Gesellschaft vorzubereiten und ihnen Aussicht auf Entlassung zu bieten.

So fängt, wie er sagt, die Sozialstaatlichkeit schon in den Justizvollzugsanstalten an. Aus seiner Erfahrung als Leiter von Justizvollzugsanstalten sagte er uns: „Weil sie normal behandelt wurden sind sie normal rausgekommen.“ So haben zu Freiheitsstrafen Verurteilte nichts zu fürchten, wie er uns auch schon zum Anfang zeigte.

Das Gespräch mit Herrn Prof. Dr. Karl Heinrich Schäfer hat im Rahmen der Themeninhalte Rechtsstaats- und Sozialstaatsprinzip damit einen hochinteressanten Einblick in den Kontext des Strafvollzugs geboten.