Do, 06.12.2007

Vortrag von Prof. Dr. Stock, Vizepräsident des BKA, zum Thema Kriminalitätsbekämpfung 2007 im Spannungsfeld von Sicherheit und Freiheit

Professor Doktor Jürgen Stock machte im Zuge seines Vortrags am 6. Dezember keinen Hehl daraus, dass er das Bundeskriminalamt im Informationszeitalter immer größeren Herausforderungen gegenüberstehen sieht. Als Vizepräsident des BKA und Vizepräsident von Interpol erlebe und gestalte er tagtäglich die Anstrengungen, welche unternommen würden, um die Gefahr des Internationalen Terrorismus und des Organisierten Verbrechens, aber auch des politisch unmotivierten Verbrechens zu bannen oder doch zumindest in einem „niemals endenden Kampf“ in Schach zu halten.

Neue Technologien, insbesondere rasante Entwicklungen auf dem Gebiet der Kriminalität über das Internet, verlangten dabei effektive und ebenso moderne Bekämpfungsmethoden seitens des Bundeskriminalamts. Man konnte Professor Stock dabei jedoch keineswegs unterstellen, er begebe sich überstürzt in das „Abenteuer Informationstechnologie“. Eine gewisse Distanz zu modernen Entwicklungen war ihm durchaus anzumerken, wenn er die Abkürzung für Informationstechnologie nicht anglisierte. Dennoch machte er seine Position zu aktuellen Streitfragen deutlich: „Wir brauchen diese Onlinedurchsuchung.“ Befürchtungen seitens der lebhaft teilnehmenden Schülerschaft, dies könne in einen Überwachungsstaat münden, begegnete er vor allem mit relativierenden Argumenten: „Niemand spricht davon, die Online-Durchsuchung wahllos anzuwenden – sie ist für dringende Einzelfälle im Kampf gegen schwerwiegende Verbrechen gedacht.“

Der provokant aufgestellten These, der Einzelne brauche sich an der Überwachung durch den Staat nicht zu stören, erteilte er dennoch eine entschiedene Absage aufgrund der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, außerdem sprach er trocken von einer „Ubiquität der Kriminalität“, das heißt, kein einziger Bürger halte sich im Laufe seines Lebens vollständig schadlos.

Die Gesetzeslage ermögliche es selbst im harmlosesten aller denkbaren Fälle nicht, sich „für das größere Ganze“ über das Gesetz (und damit über die Freiheit Einzelner) hinwegzusetzen. So sei die Verfolgung eines mutmaßlichen Verbrechers mittels LkW-Mautdaten nicht möglich, auch wenn es dem Einzelnen nicht einleuchten mag. Eine realistische und nicht beschönigende Einschätzung der aktuellen Lage war das Ergebnis des Vortrages. Dennoch gab sein problematisierender Vortrag auch Anlass zur Hoffnung:

Zwar präsentierte er den Zuhörern Fakten, die den Laien zunächst schockieren mögen: Ob über die Aufklärungsrate von Morden oder aber auch das tatsächliche Ausmaß der Schäden durch Internetkriminalität. Wenn scheinbar harmloses „Spam-Nachrichten“ schließlich dazu führte, dass ein komplettes Land vom Internet getrennt werden müsse, wenn genau solche Nachrichten als Erpressungsmethode gewaltigen Druck aufbauen – dann sei das BKA gefragt. In dieser Hinsicht, so betonte Stock, sei die Kriminalitätsbekämpfung in den letzten Jahren deutlich verbessert worden. Ein Gedanke, der sehr beruhigend ist in Anbetracht der Schreckensvorstellungen von Anarchie und Chaos, die bei der Diskussion von Kriminalität allzu leicht entstehen.