Mi, 02.09.2009

Vortrag von Prof. Dr. R. Grimm von der Uni Koblenz: Elektronisch wählen? Erfahrungen mit Internetwahlen

Heute, am 3. 9., wurde vor einem halben Jahr der Wahlcomputer vom Bundesverfassungsgericht verboten. Elektronisch wählen sei verfassungswidrig, so das Bundesverfassungsgericht. Aber warum eigentlich? Was für Ansprüche hat das deutsche Grundgesetz an Wahlen und inwiefern sind über das Internet vernetzte Computer in der Lage, die klassische Urnenwahl zu ersetzen?

Um uns diese Problematik etwas näher zu bringen, gewährte uns Prof. Dr. Rüdiger Grimm in unserer beliebten Donnerstagabend-Vortrags-Reihe einen interessanten Einblick in die Rechtslage und IT-Sicherheit von elektronischen Wahlen.

Laut dem Artikel 38 des deutschen Grundgesetzes müssen Wahlen allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim sein, ansonsten werden sie nicht anerkannt. Die ersten Versuche der elektronischen Wahl im kleinen Kreise liefen noch über E-Mail und entsprach keinem einzigen dieser Punkte. Damit ein Computerprogramm also den Anforderungen gerecht wird, müssen IT-Spezialisten wie Herr Grimm einige Hürden überwinden:

Das Polyassystem, das Wahlprogramm, das bei den Juniorwahlen zum Einsatz kommt, wurde deswegen so konzipiert, dass erstens die andauernde Verfügbarkeit für die Wähler und zweitens die Sicherheit, dass kein gewaltsamer Einfluss auf den Wahlprozess erfolgen kann, gegeben ist. Zunächst einmal gebe es im gesamten Prozess drei Rechner, die eine wichtige Rolle spielen: Den PC zu Hause beim Wähler, das Wahlbüro und die Wahlurne. Wähler und Wahlbüro sind durch das Internet miteinander verbunden und beide durch eine Firewall geschützt, das heißt, dass potenzielle Saboteure nur den Datenverkehr hacken können. Allerdings arbeitet Polyas mit Signaturen, sodass der Wähler-PC sofort erkennt, ob die Daten von der Originalquelle kommen. Zudem sind die Stimmen auch noch verschlüsselt, sodass man auch nicht herausfinden kann, was der Wähler gewählt hat.

Ein viel größeres Problem besteht darin, dass die Wahlen auch dem Wahlbüro gegenüber geheim sein müssen, aber nur stimmberechtigte Personen über 18 Jahren wählen dürfen. Somit muss der Wahlserver dem Wähler nach der korrekten Eingabe eines PIN eine Nummer zuteilen, die Wahl des Wählers annehmen, diesem eine Wahlbestätigung zukommen lassen und danach die Nummer wieder löschen. Diese Probleme seien allerdings zu lösen, versichert Herr Grimm, wahrscheinlich sei es in zehn Jahren möglich, absolut sicher über das Internet zu wählen. In Estland habe es schon einmal rechtsverbindliche elektronische Wahlen gegeben, erzählt Herr Grimm zum Schluss, und dass, obwohl das damalige Programm nicht halb so sicher wie Polyas sei.

Insgesamt wurde der Vortrag ein sehr gelungener und interessanter Abend, der vor allem vom Jahrgang 11 zur Vorbereitung der von ihnen organisierten Juniorwahlen auf dem Hansenberg besucht wurde, doch auch die wenigen Vertreter der höheren Stufen erfuhren sicherlich ebenso Neues und Verblüffendes.