Mi, 09.11.2011

Vortrag von Dr. Wolfgang Hetzer, Abteilungsleiter im Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF): „Staat und Markt zwischen Verfall und Verbrechen“

„Weiß einer von Ihnen wer Tina ist?“ fragte er sein etwas verdutztes Publikum. Nachdem er keine Antwort erhielt, fragte er erneut: „ Kennt niemand von Ihnen Tina?“. Nach einer weiteren Minute ohne Antwort klärt er seine Zuschauer dann auf: „ There Is No Alternative – kurz Tina!“

Damit eröffnete der Abteilungsleiter für Korruptionsbekämpfung in der Europäischen Kommission „OLAF“, Wolfgang Hetzer, am Donnerstag den 10. 11. 11 seinen Vortrag über „Staat und Markt zwischen Verfall und Verbrechen“ vor den interessierten Schülern der Rheingauschule und des Hansenbergs.

Stark zugespitzt berichtete dieser über die Risikogeschäfte der Banken und über die Eurokrise und stellte darauffolgend das Handeln der zahlreichen Kapital- und Wertpapierhändler auch in Frage. Ist es denn ein cleveres Geschäft oder Kriminalität, wenn man manche hochspekulativen Wertpapiere verkauft obwohl man sich des hohen Risikos des Verfalls dieser Bewusst ist? Sozialstaatskrise, Umweltkrise, Bankenkrise, Wirtschaftskrise – fällt uns unter so vielen Krisen denn überhaupt noch die „Finanzkrise“ auf? Oder haben wir uns längst an diesen „Krisenzustand“ gewöhnt?

Sind Aktienhändler schlimmer als Psychopathen? Dies soll zumindest eine Studie der Universität St. Gallen in der Psychopathen und Aktienhändler dasselbe Spielt spielten und die Aktienhändler einen deutlich höheres Risikoverhalten aufzeigten und es ihnen viel mehr darum ging den Gegner zu schädigen, als den eigenen Gewinn zu erhöhen zeigen. Erschreckend, nicht wahr?Warum vergeben viele Banken Kredite, wenn ihnen oft bewusst ist, dass sie das Geld nicht zurückbekommen? Und warum leben wir in einer Welt, die von Egozentrik und Karrieredenken geprägt ist?Warum gibt es denn keinen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der die risikoreichen Geschäfte der Banken kontrolliert und unterbindet? Wobei sich der Staat hinsichtlich dieser Regulationsproblematik gegenüber in einer Zwickmühle befindet. Wie soll der Staat einerseits den Schuldenberg reduzieren und dabei seine Handlungsbreite regulieren? Und, um es auf den deutschen Staat zu beziehen, sollte dieser weiterhin Geld an das scheinbar stagnierende Griechenland leihen, ohne eine Versicherung dessen zu haben, ob Griechenland es zurückzahlen kann und in Anbetracht der Tatsache mittlerweile selbst hoch verschuldet zu sein scheint?

Doch die deutlich wichtigste Frage lautet, so Hetzer, nach dem Interpreten Jupp Schmitz: „Wer soll das bezahlen? Wer hat so viel Geld?“

Die Antwort ist scheinbar einfach: Wir, die zukünftig Arbeitsfähigen in Deutschland. Wir, die die spätere Führungselite darstellen. Und wir, die wahrscheinlich nicht mehr auf diesem Wohlstandsniveau aufwachsen können, wie es unsere Eltern noch konnten. Doch letztendlich sind es auch wir, die es besser machen müssen.

Oder etwa nicht? Wollen und können Sie wirklich noch tiefer in ihre Geldbörse greifen um diese Staatsverschuldung zurückbezahlen zu können? Oder müssen wir nicht bereits schon im poltischen Bereich beginnen?