Di, 03.05.2016

Vortrag von Dr. Thomas Hieke, Professor für katholische Theologie an der Universität Mainz

„Darf man Gott anklagen?“ – eine Frage, die sich nicht nur Theologen, Hiob und Geistliche stellten und stellen, sondern der sich auch eine Gruppe Hansenberger am Mittwoch, dem 4.5.2016, in einem Vortrag von Dr. Thomas Hieke, Professor für katholische Theologie an der Uni Mainz, stellte. Dabei stand die Beschäftigung mit dem Alten Testament im Vordergrund. Zusammen mit Herrn Prof. Dr. Hieke betrachteten wir vor allem verschiedene Klagepsalme und deren Struktur und stellten fest, dass es zwar verschiedene Arten der Klage gibt, diese aber alle aus den gleichen Grundelementen bestehen.

Sich mit Klagen im Alten Testament zu beschäftigen, klingt zwar sehr abstrakt, hat aber einen erstaunlich nahen Bezug zu unserer heutigen Zeit. Es ist zum Beispiel sehr interessant, unsere Vorstellungen von einem Gerichtsverfahren, das auf Anklage, Angeklagtem, Verteidiger und Richter beruht, auf die Klage vor Gott zu beziehen. Der Betende ist der Kläger – und Gott? Alles andere in einem. Das scheint problematisch.

Ist Beten also sinnvoll? Hierzu zog Prof. Dr. Hieke Wolfgang Niedecken der Kölner Musikgruppe BAP heran, der im Lied „Wenn et Bedde sich lohne däät“ (Wenn das Beten sich lohnen täte) die scheinbare Sinnlosigkeit des Betens besingt, doch gleichzeitig auch viele Dinge, für die man bitten und beten kann. In gewisser Weise lässt sich auch dieses Lied als Klage und Bitte verstehen.„Gott, wäre das Beten bloß nicht so sinnlos, denn oft denke ich, wir wären bald schon an dem Punkt, wo es egal wird, wer Recht hat, wo Beziehung und Kohle nicht zählt“ (frei übersetzt). In diesen letzten Versen des Liedes wird Gott besonders um Hilfe gebeten.

Das Gebet, das durchaus auch ein Klagen sein darf, kann also nicht nur ein Krisengespräch, sondern auch eine Befreiung sein, die sogar humanisierende Wirkungen haben kann – denn Gott hat breite Schultern.

Und so war am Ende Prof. Dr. Hiekes Antwort eindeutig: Ja, man darf Gott anklagen, denn „Schweigen wäre gotteslästerlich…“.

Wir danken Herrn Prof. Dr. Hieke sehr herzlich für diesen interessanten Vortrag, bei dem wir Schüler nicht nur Zuhörer waren, sondern aufgefordert waren, mitzudenken und nachzufragen.