Mi, 22.04.2009

Vortrag von Dr. Paulina Jedrzejczyk: „Das ABC der polnischen Mentalität“

Kulturelle Vielfalt in Zusammenleben und Arbeit ist in der deutschen Gesellschaft längst Realität geworden.

Will man diese Heterogenität als positive und bereichernde Ressource nutzen, gilt es, im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen die bestehenden Kompetenzen um eine weitere, nämlich die interkulturelle zu erweitern.

Denn zugleich mit der Ausdehnung der Grenzen in unserer globalisierten Welt greifen auf der privaten und professionellen Ebene die zwischenmenschlichen Kontakte über die nationalen Grenzen hinaus. Wir lernen z. B. fleißig Fremdsprachen, weil sie uns angenehme und/ oder nützliche Momente mit Menschen anderer Länder ermöglichen.

Fließende Fremdsprachenkenntnisse sind jedoch nur ein unerlässliches Minimum in der interkulturellen Kommunikation. Von entscheidender Bedeutung ist das Wissen um die kulturell geprägte Mentalität von Ausländern, mit denen wir beruflich oder privat Kontakte knüpfen.

Sich der historisch-kulturell geprägten Andersartigkeit anderer bewusst zu sein erleichtert das Einfühlen in Menschen unterschiedlicher Kulturen. Dieses Bewusstsein hilft, die jeweilige Konstruktion und Wahrnehmung unserer gemeinsamen Lebenspraxis zu verstehen. Auf diese Weise wird das Zusammenleben und -arbeiten nicht nur leichter, sondern auch reicher.

Nicht allein Bewohner exotischer Länder fühlen, denken und leben anders – auch die unmittelbaren östlichen Nachbarn Deutschlands sind durch ihre slawischen Wurzeln, ihre anders verlaufene Geschichte und nicht zuletzt durch die sehr unterschiedlichen politischen Systeme in ihrer nationalen Mentalität geprägt. Über solche Fragen referierte auf dem Hansenberg Frau Dr. Paulina Jedrzejczyk, eine Expertin auf dem Gebiet „Multikulturelle Teams in Organisationen“.

Ihr Vortrag beleuchtete kritisch bestimmte Aspekte der polnischen Mentalität. Sie bettete dabei die Entstehung einer spezifisch polnischen Mentalität in einen historisch-gesellschafts-politischen Kontext ein.

Die selbstbewusste, charmant auftretende Polin, die schon viele Jahre in Deutschland lebt, führte uns auf sehr ehrliche und kompakte, mit viel Humor gewürzte Weise in das ABC der polnischen Gemütsverfassung ein. Für viele Zuhörer – die meisten Abiturienten und Abiturientinnen des Jahres 2009 – war dies der erste Schritt zu einem besseren Verständnis der polnischen „Seele“. Die Mehrzahl der Teilnehmer wird im Rahmen des (erweiterten) NONO – Projektes nach Posen/Poznan in West-Polen fahren.

Aus meiner Sicht gelang es Frau Jedrzejczyk ausgezeichnet, zu verdeutlichen, wie man selbst den scheinbar rückständigsten Mentalitätsäußerungen etwas Positives abgewinnen kann, und vor allem, dass erfolgreiche Veränderungen eine aufrichtige, selbstkritische Analyse der eigenen Stärken, aber auch Schwächen voraussetzen. Dem muss allerdings eine konsequente Weiterentwicklung und Umsetzung des Erkannten folgen. Schon im Jahr 1849 stellte der große polnische, damals im Pariser Exil lebende Nationaldichter Adam Mickiewicz fest:

„Die Lage Europas ist heute so, dass ein Volk unmöglich den Weg des Fortschritts getrennt von anderen Völkern beschreiten kann, ohne sich selbst und somit die gemeinsame Sache zu gefährden.“ Ein Satz, der an Aktualität nichts eingebüßt hat und vielleicht heutzutage wichtiger denn je ist.