Di, 05.10.2010

Vortrag mit Diskussion des Jugendoffiziers Hauptmann G. Hohmann zur „Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschlands in Europa und der Welt“

Im Rahmen des Lehrplans wird sich im finalen Schuljahr in Politik und Wirtschaft mit dem Konstrukt der Internationalen Beziehungen und speziell der Internationalen Politik beschäftigt. Verschiedenste Akteure, entsprechend viele Interessen bestimmen die Veränderung des Internationalen Systems. Heutzutage kann niemand mehr von einer bipolaren Weltordnung sprechen. Dementsprechend sieht man sich auch mit völlig neuen Konfliktsituationen konfrontiert, die gleichsam ungewohnte Sicherheitsrisiken für die einzelnen Staaten mit sich bringen.

Das alles wird im Unterricht von wissenschaftlicher Seite behandelt. Anschaulich, kontrovers und kritisch. Doch was würde das besser ergänzen, als ein Vortrag von einem der wesentlichen ausführenden Hauptakteure der Sicherheitspolitik Deutschlands, die Bundeswehr? Die Bundeswehr betreibt seit 1955 „praktische Sicherheitspolitik“ für die Bundesrepublik Deutschland. Etwa 90 Jugendoffiziere besuchen vor allem Schulen, um mit Jugendlichen über Sicherheitspolitik zu sprechen, über Risiken und derzeitige Konflikte, um Fragen zu beantworten und natürlich auch um ihren Standpunkt und ihre Sichtweisen zu verteidigen.

Von Herrn Rauh initiiert, stand am 6.10. der 34 jährige und überzeugte „Frankfurter“ Gerrit Hohmann vor drei PoWi-Leistungskursen Kl. 13 und referierter über die „sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21.Jahrhunderts“.

Nach einem kurzen Exkurs über seinen sympathisch krummen Werdegang (Bankkaufmannslehre, BWL-Studium beim Bund, Fernsehjournalist und stellvertretender Redaktionsleitung in der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr bis hin zum Offizier) wurde zunächst auf die veränderte Sicherheitslage eingegangen. Das gesamte Umfeld sei weniger berechenbar, so Hohmann, durch die nicht zu überblickende Anzahl und die Diversität in der Beschaffenheit der Akteure, der zunehmenden Menge an Kriegen und Konflikten, den Ressourcenstreitigkeiten und dem florierenden (schwarzen und billigen) Waffenmarkt ergäben sich verschiedenste Risiken, denen es entgegen zu stehen gelte. Terrorismus, Massenvernichtungswaffen, Instabilität von Staaten und Gesellschaften, Störung der Waren- und Finanzströme sind nur einige von vielen Beispielen. Genauso beeinflussen aber auch demographische Entwicklungen, ökologische und ökonomische Probleme die Sicherheitspolitik.

Und was passiert, in Anbetracht der enormen Abhängigkeit der westlichen Welt von der Technik, erst bei einem großflächigen Stromausfall oder der organisierten und breitangelegten Attacke durch Computerviren?

An dieser Vielfalt der potentiellen Risiken wird schon deutlich, wie verletzlich und anfällig wir in unserem derzeitigen Internationalen System sind und wie stabil im Gegenzug das deutsche politische System ist.

Die Bundeswehr versucht, immer im Auftrag des Bundestags, einer Eskalation möglichst vieler dieser Risiken vorzubeugen und den Schaden akuter Bedrohungen für Deutschland, die Zivilbevölkerung und deutsche Bündnis- und Kooperationspartner zu minimieren. Doch dass die Bundeswehr kein omnipräsenter Superheld ist, kann man ihr wohl kaum übel nehmen. Sie kann nicht überall im Einsatz sein, wo es brennt und nicht überall, wo sie versucht zu löschen, kann dem Brand tatsächlich beigekommen werden. Das verschweigt auch niemand und über die Probleme, die es beispielsweise in Somalia gab, redet auch der Jugendoffizier offen.

Generell, wenn Fragen gestellt werden, wird von Gerrit Hohmann ehrlich geantwortet und durchaus auch mit der eigenen Meinung argumentiert. Sollte es eine europäische Armee geben – sind die nationalen überflüssig bzw. ineffektiv? Wie ist das eigentlich mit Afghanistan? Und wie wichtig ist Transparenz bzw. kann Sicherheit der Informationspreisgabe an die Öffentlichkeit vorgezogen werden? Vergrault Wikileaks mit den Veröffentlichungen mögliche Informanten? Wer und wie genau entscheidet genau wo interveniert wird? Und steht die deutsche Politik wirklich nur unter dem Stern der Selbstlosigkeit und „Hilfe für die notleidenden Länder?“

Viele Fragen? Ask a Jugendoffizier!

Das als Einblick in eine spannende und interessante Mittwochmorgen-Doppelstunde mit Dank an den Referenten.