So, 18.12.2011

Vortrag Dr. C.-C. Hedrich, Commerzbank AG: „Geld, Banken und Geldpolitik der EZB“

Am 19. Dezember 2011 beehrte uns Dr. Carl-Christoph Hedrich von der Commerzbank Frankfurt/M., um einen sehr interaktiv-spannenden Vortrag zum Thema „Zwischen Inflation und Deflation –Aufgaben, Instrumente und Herausforderungen der Geldpolitik“ zu halten. Und so viel vorab – es war ein sehr, sehr anschaulicher „Seiltanz“ um das „Goldene Kalb – Geld“.

Der 50-jährige „Leiter Issue Management“ (sozusagen ein Fachberater der Organisation Commerzbank zu Fragen der Beziehungen zur Gesellschaft und ihren Themen/ Issues) studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim mit den Vertiefungen Kreditwirtschaft, Volkswirtschaft sowie Recht. Dr. Hedrich promovierte als Diplom-Ökonom zum Dr. oec. und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter an verschiedenen Lehrstühlen, u. a. zu Fragen der Europäischen Integration sowie der Deregulierung. Heute hat er die Leitung der Abteilung Issue Management des Fachbereichs Public Affairs in der neuen Commerzbank inne und beschäftigt sich vor allem mit Grundsatzfragen der Bankentätigkeit, Finanzmarktregulierung, Bankstrategien, der Europäischen Integration sowie Ordnungs- und Sicherheitspolitik der Bank.

Die aktuellen Aufgaben der Banken sowie die Instrumente und Herausforderungen der Politik und der Finanzen wurden der Schülerschaft recht schnell verdeutlicht: Kaum, dass sie saß, teilte Herr Dr. Hedrich sie schon interaktiv in Unternehmer, Erwerbstätige, Gewerkschaften und Banken ein. 4 Schüler ernannte er zur Europäischen Zentralbank und während seines Vortrags wurde bei jeder Gruppe spezifisch nach der Vorgehensweise gefragt

Hedrich leitete die Diskussion mit den grundlegenden Aufgaben der Zentralbank ein. Was ist oberstes Ziel? Antwort der 4-köpfigen Zentralbank unseres Vortragsraums: Preisniveaustabilität kleiner oder gleich 2 %! Doch wie wird dieses Ziel zurzeit verfolgt und welche Rolle kommt der EZB in Zeiten der Euro-Krise tatsächlich zu? Um diese Thematik zu klären, musste im ersten Schritt der Begriff „Geld“ erklärt werden und gleich im Anschluss die Instrumente zu seiner Mengensteuerung. Damit der Begriff Inflation in unseren Köpfen mehr auszulösen vermochte als einen erhobenen Zeigefinger in Gedanken an die deutsche Inflation 1923 und später die Wirtschaftskrise 1929, und auch zum Begriff Deflation in Bezug gesetzt und eingeschätzt werden konnte, wurden beide Begriffe erläutert und Beispiele gegeben. Als Hilfsmittel spannte Herr Dr. Hedrich eine Wäscheleine quer durch Raum, die er zwischenzeitlich mit Blättern zu „Maßnahmen und Wirkungen der Zentralbank“ bestückte, die die Aufgaben und zu regulierende Werte der europäischen Geldpolitik enthielten. Und als es schließlich die Frage zu klären galt, was denn die EZB aktuell tatsächlich mit ihrer Geldpolitik bei den Unternehmen und Konsumenten aktiv ausrichten kann waren wir unschlüssig. Hedrich nahm die Wäscheleine in die Hand und spannte sie. Die Zinsen erhöhen, das könne die EZB, oder beim Senken der Leine korrespondierend die Zinsen senken. Das sei aber schon alles, was die EZB zurzeit tun könne: indirekt bremsen (höhere Kreditzinsen reduzieren die Geldschöpfung der Banken und bremsen Investitionen und Konsum) oder anheben (expansive Geldpolitik wie zurzeit, um den Wirtschaftsmotor und die Konjunktur anzukurbeln). Kurz: Der EZB werde eine Rolle zugeschrieben, die außerhalb ihrer Reichweite liege, so Hedrich. „Anschieben“ aber könne man mit einem Seil nicht, Bremsen etwas besser.

Was in der Macht der EZB liegt, wurde anhand des Rollenspiels klar verdeutlicht und bei jedem Schritt auch die einzelnen Akteure der Wirtschaft wie Unternehmen, Staat oder private Haushalte nach ihrer Reaktion gefragt. Eigentlich schade, dass ein derartiges interaktiv-kooperatives „Zusammenspiel“ der Wirtschaft und der Geldpolitik in der Realität nicht stattfindet.