Di, 19.09.2006

Theater-AG „Club Misanthrope“ führt die Goldberg-Variationen von George Tabori auf

Dass Theater auf dem Hansenberg einen erhellenden Genuss nicht nur der Sinne, sondern auch für unseren Humor darstellt, ist weithin bekannt – gleichwie, dass der Zuschauer schon bald wieder starken Hunger nach genanntem Genuss verspürt. Schauspieler jedoch (vor allem die Hansenberger), so heißt es, geben nie Ruhe und konnten somit am 20. sowie am 21. September dem langen Er-Warten ein Ende setzen: Die Theatergruppe „Le Club Misanthrope“ unter der Leitung von Herrn Dr. Müller inszenierte die „Goldberg-Variationen“ von George Tabori und fand – wie nicht anders zu erwarten – mit einem Feuerwerk von frecher Komik und hintersinniger Ernsthaftigkeit einhellige Begeisterung.

Taboris „Goldberg-Variationen“ präsentieren eine etwas andere – vorderhand äußerst amüsante – Schöpfungsgeschichte:Dem mehr als zynischen Regisseur Mr. Jay (Carlos Döring entwickelt in bestechender Weise den eigenen Charakter seiner Rolle) und seinem Assistenten Goldberg (Tim-Patrick Limmer überzeugt ebenso eindrucksvoll) verbleiben sieben Tage Zeit, um die Aufführung der Geschichte der Menschheit zu proben. Das heißt, man bringt Bibelgeschichten – seien es die von Adam und Eva oder Moses und Aaron – auf die Bühne (oder vielmehr die Bühne auf der Bühne), wozu sich einige Privatprobleme gesellen, die sich für den Zuschauer als ungemein erheiternd zeigen. So erfährt man unter anderem von der Liebe Mr. Jays zu sowohl Teresa Tormentina (überaus passend verkörpert von Carolin Dürr) als auch zu Ernestina van Veen (kokett-selbstbewusst durch Sophie de Belsunce).
Überhaupt lebt die Aufführung von derlei kleinen Szenen mit charmantem Probencharakter: Hier sei beispielsweise die Opferbringung Isaaks (sehr authentisch: Jan Niklas Satzke sowie Gereon Klauth als Abraham) genannt, die zeigt, dass mitunter ein männlicher Schauspieler (Martin Kores) in einer weiblichen Rolle große Erheiterung bringen kann. Nicht zu vergessen seien gleichwohl die illustren Charaktere der „Hell’s Angels“ (Nicolas Pfabe, Mirko Hohmann, Nikolas Friedrich) als auch die unverzichtbare Putzfrau Mrs. Mopp (Nadine Kintscher), die für die Inszenierung eine immense Zunahme an Witz und Charme bedeuten.

All jener alltäglicher Probenwahnsinn mündet darin, dass Goldberg, der als Personifikation für das jüdische Volk zu verstehen ist, Mr. Jay als die nunmehr dunkle Seite Gottes auf seinen Platz hinter die Bühne, ins Nichts verweist (vgl. F.W. Nietzsche: „Gott ist tot.“) und gleichzeitig das Theater, die Religion, respektive die Liebe gewinnen lässt.

Gewonnen haben auch die Zuschauer die Überzeugung, dass diese Darbietung an Komik sowie Schauspielkunst unübertroffen war und durch ihre Thematik als ein (hervorragend gelungener!) Balanceakt zwischen bedeutungsschwer ernstem und gleichsam provokant-witzigem Theater zu bezeichnen ist. – Herzlichen Dank an den „Club Misanthrope“; bereits jetzt sind wir hungrig auf die nächste Darbietung!