Do, 27.03.2014

„Strafe und Gerechtigkeit“: Gespräch C. Holzinger, Justizvollzugsanstalt Wiesbaden, mit Abiturienten beider Ethik-Kurse

Für jeden Gefangenen, der in die JVA Holstraße kommt, gilt: In der Zeit der Haft – kein Internet, kein Handy, nur Radio, TV, Zeitungen und Bücher. Und für die meisten ist es die letzte Chance auf eine geraden Weg durchs Leben, und das wissen sie.

Am 28.03.2014 durften wir die stellvertretende Leiterin der Schulabteilung der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wiesbaden, Christine Holzinger, zum ersten Mal an unserer Schule begrüßen. Auf Initiative unserer Ethiklehrer, Herrn Rauh und Herrn Brodkorb, wurde dieses Treffen ermöglicht. Beide Ethikkurse des Jahrgangs Q 4 hatten den Wunsch zur Vertiefung des Unterrichtsthemas „Recht, Strafe und Gerechtigkeit“ geäußert.

Wie sieht das Leben in einer Vollzugsanstalt aus? Gibt es den „typischen“ Insassen oder zieht sich Kriminalität durch alle Schichten? Wie gelingt die Wiedereingliederung in die Gesellschaft, gerade bei Kriminellen, die aufgrund von körperlicher Aggression auffällig geworden waren?

Frau Holzingers auf anderthalb Stunden angesetzter Vortrag gab bei all diesen Fragen, die sich uns im Voraus gestellt hatten, Aufschluss. Er gliederte sich in drei Phasen: Zuerst präsentierte uns die Referentin die Institution Justizvollzugsanstalt. Dazu wurden Fakten über die JVA, wie Größe, Mitarbeiter, Anzahl der Insassen, Gestaltung der Wohngruppen etc. vorgestellt. Spannend war die Vorstellung des realen, alltäglichen Lebens der Insassen und deren Freizeitbeschäftigung. Besonders Frau Holzingers Stellungnahme zu Problemen, die beim Zusammenleben von Häftlingen auftreten können, wie Gewalt, Umgang mit Sexualität, Einsamkeit, Arbeit, Drogenmissbrauch und Wiedereingliederung in das Leben nach dem „Knast“ interessierten uns sehr. Denn gerade die effektive Resozialisierung ist ja hierzu das große Ziel der Gesetzgebung in Hessen.

Es folgte eine Runde, in der auf Fragen, die sich während des Vortrags stellten, eingegangen wurde. Sind Phänomene wie Gruppenbildung zu beobachten? Welche Folgen hat die Zugehörigkeit zu einer Ethnie? Wie viele der inhaftierten Straftäter werden rückfällig?

Nach einer kompetenten und offenen Beantwortung aller Fragen, die Frau Holzingers langjährige Erfahrung sehr offensichtlich werden ließen, ging der Vortrag in die dritte Phase über. Diese bildete ein Dokumentarfilm, der ursprünglich für Neuinsassen gedreht worden war, und den vorher genannten Fakten über die JVA eine bildliche Komponente hinzufügte. Dies verlieh uns Hansenbergern eine konkrete Vorstellung der schwierigen Lebensverhältnisse in einem Gefängnis.

Abschließend kam der Wunsch zu weiterer Kooperation auf, beispielsweise in Form eines Schreib- oder Theaterprojekts, bei dem Insassen der JVA Wiesbaden mit künftigen Generationen an Schülern unserer Schule gemeinsam Stücke kreativ gestalten könnten. Wir hoffen, diese Ideen in die Tat umsetzen zu können, und freuen uns auf weitere Zusammenarbeit mit der JVA Wiesbaden.

Gleichzeitig danken wir Frau Holzinger für diesen wirklich sehr informativen und interaktiven Vortrag, und würden uns freuen, Sie bald wieder an unserer Schule begrüßen zu dürfen!