Frankfurter Allgemeine Zeitung · Di, 06.07.2021

Seife lehrt richtiges Händewaschen

F.A.Z., 06.07.2021, Rhein-Main (Rhein-Main-Zeitung), Seite 34 

Seife lehrt richtiges Händewaschen

GEISENHEIM Rheingauer Schüler gewinnen Gründerpreis mit einer Idee, die es Coronaviren schwer macht

Die Seife färbt die Hände von Carla Stegmayer intensiv blau und lässt sofort erkennen, wo die Reinigung der Finger doch nicht gründlich genug war. Nach gut 20 Sekunden Rubbeln unter dem Wasserstrahl sind die Hände aber wieder blitzblank sauber. Genau die richtige Zeitspanne, die auch Hygieniker für das gründliche Händewaschen in Corona-Zeiten empfehlen. Natürlich hätte Carla Stegmayer auch zweimal "Happy birthday" singen können, um beim Händewaschen das Zeitlimit zu erreichen. Doch die blaue Seife ist etwas Besonderes. Sie hat Stegmayer und ihren vier Mitschülern von der Geisenheimer Internatsschule Schloss Hansenberg den ersten Platz im Deutschen Gründerpreis für Schüler eingebracht. Nicht nur ein renommierter, sondern auch ein besonders begehrter Wettbewerb, an dem 3050 Schüler in 717 Teams beteiligt waren und ihre Businesspläne eingereicht haben.

Doch keiner dieser Pläne war so überzeugend wie der von "Hyclean". So heißt das bislang virtuelle Unternehmen von Stegmayer, ihrer Wohnungsgemeinschafts-Mitbewohnerin Katharina Godon und der Internats-Gemeinschaft von Seyed-Farnud Atyabi, Adrian Scariot und Felix Zimmermann. Ihrer prämierten Geschäftsidee liegt die Überzeugung zugrunde, dass viele Bürger ihre Hände nicht oder nicht gründlich genug waschen, obwohl das zur Übertragung vieler Infektionskrankheiten beiträgt. "Frustrierenderweise waschen sich jedoch nur acht Prozent aller Deutschen ihre Hände ordentlich", heißt es im Konzept.

Dagegen setzen die Schüler "Hysoap": eine mit blauem Lebensmittelfarbstoff versetzte Flüssigseife. Wer gründlich genug wäscht, der wird die blaue Farbe schnell wieder los und hat damit die visuelle Bestätigung, alles richtig gemacht zu haben. Das gemischte Schülerteam hatte sich unter mehreren Optionen am Ende für die Seife entschieden. Sie in einen Wasserhahn zu integrieren, wie es anfänglich noch überlegt wurde, erwies sich am Ende als technisch zu kompliziert.

Der Vorteil der Seife: Jeder Nutzer sieht unmittelbar, ob er sich gründlich genug die Hände gewaschen hat. Die Seife soll zudem im Regal der Drogeriemärkte preislich konkurrenzfähig sein. Das Team habe eindrucksvoll gezeigt, wie spielerisch eine perfekte Handhygiene für Kinder gelöst werden kann, lobte Bundeswirtschaftsminister und Schirmherr Peter Altmaier (CDU) anlässlich der Preisverleihung.

Um ein Produkt wie dieses in einem gesättigten Hygieneartikel-Markt zu etablieren, brauchte es entweder einen der "Platzhirsche" wie Unilever oder Procter & Gamble als starken Partner, von denen sich aber noch keiner gemeldet hat, oder eine innovative Strategie. Die könnte sich nach Überzeugung der Schüler zunächst auf den Vertrieb in Kindergärten oder Schulen stützen, denen beispielsweise Seifenspender und ein Seifen-Abo angeboten werden könnten. Der optimistische Businessplan sieht ein Gründungskapital von 135 000 Euro und das Erreichen der Gewinnschwelle nach nur 26 Monaten vor. Das klingt sehr gut, ist aber Zukunftsmusik. Erst einmal wollen die Schüler ihren Sieg genießen. Schließlich haben sie nur knapp vor einem anderen Team aus der eigenen Schule gewonnen, das einen intelligenten Abfallbehälter entwickelt hat, der die Mülltrennung automatisch überwacht und jeden richtigen Einwurf mit einem akustischen Signal belohnt. Das naheliegende nächste Ziel ist für beide siegreichen Teams aber trotz allem Lorbeer vorerst noch nicht die Selbständigkeit. Sondern das Abitur.

OLIVER BOCK

 

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