20. - 23.01.2010

SchülerInnen der Jg-Stufe 13 nehmen an der Goethe-Universität an der UNO Parlaments-Simulation MainMUN teil.

‘Honorable Chair,Point of information. What is “MainMUN” actually about?’

2010 eroberte ein neues Projekt den Hansenberg und zog den ersten Jahrgang schon in seinen Bann – die Rede ist von „MainMUN“. Auch die späteren Teilnehmer konnten zunächst mit diesem etwas ungewöhnlichen Namen wenig anfangen, es war lediglich ersichtlich, dass es sich um eine Simulation der UNO handelte, doch das war alles, was Herrn Kauters AG-Aushang entnommen werden konnte. Und dass dieses Planspiel intensive Vorbereitung benötige, es sei ein „großes Ding, was da an den Hansenberg gekommen ist“. Dennoch ließen sich die Interessenten nicht abschrecken und fand sich eine Gruppe von 14 Teilnehmern zusammen, die dieses Projekt angehen wollten.

„MUN“ ist eine Abkürzung für „Model United Nations“ und bezeichnet Simulationen für Schüler und Studenten, in denen die Arbeit der Vereinten Nationen nachgestellt wird. Heutzutage finden MUN-Konferenzen für Schüler und Studenten auf der ganzen Welt statt, „MainMUN“ bezeichnet speziell das Planspiel in Frankfurt, das nun schon seit 2005 jährlich stattfindet. Dazu werden an der Goethe-Universität Konferenzen veranstaltet, deren Struktur denen der UN nachempfunden sind. Die Teilnehmer sind Schüler oder Studenten, die die Rolle eines Diplomaten aus einem Mitgliedstaat der Vereinten Nationen übernehmen und die Meinung „ihres“ Landes dann in simulierten Komitees vertreten – und das alles selbstverständlich auf Englisch. Ziel von MainMUN ist es, den Teilnehmern einen Einblick in die Arbeit der UN und somit in internationale Politik und Diplomatie zu gewähren, um auch solche Fähigkeiten wie Teamwork, Präsentationsfähigkeit und Rhetorik zu verbessern. Selbstverständlich wird der Teilnahme gründliche Vorbereitung vorausgesetzt, weshalb sich auf dem Hansenberg die AG „MainMUN“ unter Leitung von Herrn Kauter nun wöchentlich traf, um sich mit der UNO als Institution und ihren verschieden Teilgliederungen auseinander zu setzen. Dabei erhielt die Gruppe auch starke Unterstützung von den Initiatoren des MainMUNs, es erfolgte eine ausführliche Einführung in das Planspiel und eine Erläuterung der prozeduralen Regeln, die zunächst äußerst kompliziert und unübersichtlich schienen. Doch um den Schülern ein Gefühl für die Anwendung der Regeln und für das Verhalten innerhalb eines Komitees zu geben, fand an einem Samstagnachmittag eine von Studenten und Lehrenden der Goethe-Universität geleitete Probesimulation der Generalversammlung statt. Nach anfänglicher Unsicherheit sowie einigen kleinen Patzern konnten sich die Hansenberger schnell an das Prozedere gewöhnen, woraufhin die wichtige Debatte über den Klimaschutz beginnen konnte. Schnell fanden sich Koalitionen, die mit Unterstützung der Studenten begannen, ihre ersten „workingpapers“, also Entwürfe für Resolutionen zu formulieren. Als schließlich die endgültige Resolution mit großer Mehrheit verabschiedet wurde, machte sich große Erleichterung, aber auch ein wenig Stolz breit – die Hansenberger hatten Blut geleckt.

Nicht wenig später waren die offiziellen Einwahlen für MainMUN eröffnet, wobei die Teilnehmer Wünsche für Komitees und das zu vertretende Land äußern konnten. Da dies die erste Teilnahme der Schule an dem Planspiel war, wurde dazu geraten, zunächst eher kleinere Länder in der Generalversammlung zu wählen, um so auch die Möglichkeit zu haben, die UNO als stiller Beobachter mitzuerleben. Nach Bekanntgabe der „country assignments“ (die Hansenberger sollten Länder wie Paraguay, Bolivien, Haiti, Bahrain oder Singapur vertreten) sollte es nun ernst werden. Dieses Mal war die intensive Auseinandersetzung mit den zugeteilten Ländern äußerst wichtig, besonders die Vorbereitung der zu diskutierenden Themen „International Drug Control“ und „The International Arms Trade Treaty“, also Drogenproduktion, – schmuggel und -konsum sowie Proliferation. Kurz vorm Stichtag war die Aufregung groß, einige letzte Vorbereitungen mussten noch getroffen werden: die Organisation des Transports nach Frankfurt und das Packen der Koffer, schließlich fanden die Konferenzen über vier Tage verteilt statt. Doch auch Vorfreude machte sich breit, die Premiere rückte näher und die Arbeit sollte nun belohnt werden. Herr Kauter schenkte den Teilnehmern zuletzt noch ein paar ermutigende Worte, bedauernd, dass er nicht dabei sein konnte, und wünschte allen viel Spaß.

Am späten Nachmittag des 21. Januar fanden sich die 14 Teilnehmer, nachdem sie ihr Gepäck im „Haus der Jugend“ in Sachsenhausen deponiert hatten, im „Casino“ auf dem Westendcampus der Goethe-Universität wieder und feierten auch erst einmal ein freudiges Wiedersehen mit einem Ehemaligen der Internatsschule: Jan Eric Filipczak, welcher auch an der Organisation des diesjährigen MainMUNs beteiligt war. Am Empfang waren Schilder für jeden Teilnehmer hinterlegt worden; nun war man nicht mehr etwa Vera Kleene oder Leonard Overbeck, sondern der Delegierte von Slowenien oder Nicaragua. Bei der feierlichen Eröffnungsrede wurde von den Initiatoren offiziell der Startschuss für MainMUN 2010 gegeben und schon kurz darauf fand die erste Sitzung der Generalversammlung statt, welche auf Antrag Haitis mit einer „minute of silent prayer“ begann. Daraufhin stellte sich „Routine“ ein, auch wenn es für die Schüler und vermutlich auch viele andere Teilnehmer etwas vollkommen Neues bedeutete. So wurde zuerst die Anwesenheit der Delegierten kontrolliert, um die Mehrheiten bekanntgeben zu können, danach wurde die Diskussion formell eröffnet, eine Redeliste erstellt und über die Redezeit debattiert. Von „großer Wichtigkeit“ war selbstverständlich die Reihenfolge der beiden Themen, über die im Laufe der Tage diskutiert werden sollte. Doch stellte das nicht als so einfach heraus, so verbrachten die Delegierten den ganzen Abend, um endgültig zu einer Einigung zu kommen, ein langer Prozess, der sich nicht zuletzt wegen der ganzen formellen Regeln über etwa drei Stunden hinzog. Nachdem die erste „Arbeit“ getan war, schloss der Abend mit „socializing“ in einer Karaokebar ab.

Der Freitag begann für die Hansenberger früh, die erste Sitzung war auf neun Uhr angesetzt. Allerdings wurde das Meeting auf Anträgen der Delegierten ständig unterbrochen, da in den Pausen die eigentliche Arbeit stattfand: das Suchen von Gleichgesinnten, die Bildung von Koalitionen und sogar schon die Formulierung erster Stichpunkte und Entwürfe für eine spätere Resolution. Schnell hatten sich Gruppen der westlichen Entwicklungsländer, der afrikanischen Staaten und der südamerikanischen Länder mit dem Karibikstaaten etc. gebildet. Aber auch informelle Unterhaltungen mit anderen Studenten waren überaus interessant, so seien bei jedem MUN die Koalitionen am Anfang fast immer gleich und es herrsche auch ein unterschwelliger Wettbewerb, wer seine Resolution zuerst fertig formuliert habe. Das erschien manchen Hansenbergern leicht paradox: „Eigentlich ist die UN doch dazu da, zusammen zu arbeiten.“ An diesem Nachmittag fand ein Meeting mit dem „Fachausschuss“ statt, in diesem Fall ein Treffen mit Dr. Friesendorf und Dr. Heifrich von der Goethe-Universität, die vertiefende Vorträge zum Thema der Drogenproduktion, des Transports und des Konsums hielten. Der Tag endete mit zwei weiteren Sitzungen und einer überraschenden „Krise“, bei der es sich um die Kriegserklärung Saudi-Arabiens an Jemen handelte.

Am darauffolgenden Tag wurde eine Krisensitzung einberufen, um die aktuelle Situation zu diskutieren und um zu überlegen, wie weiter vorgegangen werden sollte. Dabei entbrannten heiße Debatten, was wohl auch den „leidenschaftlichen“ Reden des nordkoreanischen Delegierten zu verdanken war, der von seinen Bruderstaaten wie Venezuela und Cuba sehr unterstützt wurde. So wurde die USA wie üblich als „state of evil“ oder „master of puppets“ beschimpft und nicht nur das, den Staaten wurde sogar vorgeworfen, mithilfe von Geowaffen das schwere Erdbeben auf Haiti verursacht zu haben, um in einem Akt „humanitärer Hilfe“ Haiti zu besetzen und um so den Imperialismus weiter zu verbreiten. Der über den nordkoreanischen Delegierten weitergeleitete Aufruf Kim Jong-ils an alle freiheitsliebenden Länder, gegen den Imperialismus anzukämpfen, wurde von den meisten Delegierten nicht mehr registriert, da sie alle unter großer „Empörung“ den Saal verlassen hatten. Nachdem diese interessante und amüsante Debatte vom Vorsitzenden der Generalversammlung höflich beendet wurde, kehrte wieder Routine ein und die Koalitionen arbeiteten weiter an einer künftigen Resolution. Auch war hier insofern ein Fortschritt zu erkennen, als dass die verschieden Gruppen nun versuchten, miteinander zu kooperieren, da schließlich am Ende nur eine Resolution das Ergebnis sein konnte.

Auch gestaltete dies sich als nicht zu kompliziert, da beim Thema „International Drug Control“ die Interessen vorwiegend ähnlich waren. Was allerdings ein großes Hindernis darstellte, war die Formulierung der Resolution, welche auch zahlreichen Regeln unterworfen war, weshalb der Entwurf fortwährend vom Vorsitzenden zur Korrektur zurückgegeben wurde. Der letzte Abend wurde im „Sturm und Drang“ auf dem Westendcampus gefeiert; zwar kannte man sich gegenseitig immer noch lediglich als „Estonia“ oder „Dominikanische Republik“, doch war die Gesellschaft in normaler Kleidung und ohne Diskussionen, sondern mit etwas Musik und einem Glas Sekt doch schon viel entspannter; von der Angespanntheit, wie sie in den zahlreichen Sitzungen herrschte, war nichts zu merken.Am Sonntag den 24.Januar fehlten nur noch ein paar wenige Schritte um den Entwurf der Resolution zu vervollständigen, und nach einigen Stunden war es so weit: die Abstimmung über die endgültige Resolution konnte nun durchgeführt werden. Dem Entwurf wurde mit großer Mehrheit zugestimmt und schließlich hatte die Generalversammlung offiziell eine Resolution zur internationalen Drogenkontrolle verabschiedet. Eine allgemeine Erleichterung machte sich breit – so war die Arbeit der letzten Tage doch nicht umsonst gewesen und wenigstens ein Thema konnte innerhalb der vier Tage gewissenhaft bearbeitet und abgeschlossen werden. Doch bedeutete dies auch nun vorerst einmal das Ende des diesjährigen MainMUNs. In den verschiedenen Abschlussreden einiger Delegierten aus allen Komitees, unter denen sich auch zwei Hansenberger befanden, wurde jeweils die Arbeit jedes Gremiums beschrieben und zudem riefen die Präsentierenden allen Teilnehmern noch einmal die komischsten Zitate und Situationen der letzten Tage ins Gedächtnis, was bei allen für große Belustigung sorgte und ein wundervoller Abschluss für das ganze Erlebnis war.

Zwar lag der Termin von MainMUN genau an einem Heimfahrtswochenende, sodass die Internatsschüler höchstens ein paar wenige Stunden oder sogar gar nicht zu Hause waren, aber keiner der 14 Teilnehmer bereute es, bei dem Planspiel mitgemacht zu haben. Über die vier Tage hatten die Schüler sehr viel über die Funktionsweise der UNO erfahren, sie hatten den sich mehr oder weniger schleppenden Arbeitsprozess miterlebt, neue Kontakte geknüpft und vielleicht auch für sich selbst etwas dazu gelernt: das Vortragen sowie Präsentieren vor knapp 200 Personen und noch mehr Offenheit und Selbstständigkeit. Dazu hat das Planspiel allen einen großen Spaß bereitet und einige der Schüler sind vielleicht bei zukünftigen MainMUNs wieder anzutreffen. Auch den jüngeren Jahrgängen wird wärmstens empfohlen, einmal in die Rolle eines Delegierten von den Bahamas, Eritrea oder der Mongolei zu schlüpfen, denn MainMUN war in jedem Fall deutlich mehr als nur ein Planspiel und die Mühe hat sich definitiv gelohnt.