Di, 10.03.2009

„Quo vadis Europa? Jetzt seid ihr dran!“ – Europatag an der ISH

„Quo vadis Europa? Jetzt seid ihr dran!“ – Unter diesem Motto trafen sich am Studientag interessierte Schülerinnen und Schüler und wurden von den Moderatoren Laura Jochem und Jan-Eric Filipczak durch ein Programm geführt, das Schülerreferat, Expertenvorträge und eine Podiumsdiskussion verschiedener Nationalitäten über die Europäische Union und ihre künftigen Entwicklungs-möglichkeiten in sich vereint hatte.

Das Programm startete mit einer Einführung von Herrn Kauter, einem Lehrer der Internatsschule Schloss Hansenberg, der die Errungenschaften der Europäischen Union aufzeigte: Seit mehr als 60 Jahren führen wir ein Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand, wobei die Öffnung nach Westen – die Beendung der deutsch-französischen Erbfeindschaft –, die Öffnung nach Osten und später der Fall des Eisernen Vorhangs eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Die beiden Moderatoren präsentierten zuerst einen kurzen historischen Abriss über die wichtigsten Etappen der europäischen Einigung vom Marshall-Plan 1947 bis hin zum geplanten Lissabonner Reformvertrag, der bis Ende 2008 ratifiziert werden sollte. Anschließend zeigten sie auf, weshalb die EU als Staatenverbund, der auf den drei Säulen der EG, GASP und PIJ basiert, die teils supranational und teils intergouvernemental sind, einen Kompromiss zwischen gesamteuropäischen Bundesstaat und lockerem Staatenbund darstellt.

Für die künftige Gestaltung des transatlantischen Verhältnisses wurden verschiedene Optionen aufgezeigt, zum einen das Balancing, das die EU als Gegenmacht zu den USA definiert, zum anderen das Bandwagoning, das eine bewusste Unterordnung unter die Amerikaner anstrebt, und zuletzt die EU als Zivilmacht.

Diese aufschlussreiche Präsentation lieferte allen Beteiligten die Grundlage für die Vorträge des SPD-Kommunalpolitikers aus dem Rheingau-Taunus-Kreis, Matthias Hannes, sowie des ehemaligen Europaministers der hessischen CDU, Volker Hoff, und die darauf folgende multikulturelle Podiumsdiskussion.

Beide geladenen Gäste sprachen sich gegen die beiden erstgenannten Optionen für das künftige transatlantische Verhältnis aus: die erste sei nicht realisierbar, die zweite schlichtweg inakzeptabel. Sie sehen die Zukunft in einer europäischen Zivilmacht.

Trotz der großen Chancen, die die Europäische Union bereits jetzt für alle Mitgliedstaaten biete, gebe es dennoch viel Verbesserungspotential: Die künftige EU könne nicht nur zentralistisch gelenkt werden, müsse größere Akzeptanz bei den einzelnen Regierungen finden und gleichzeitig eine höhere Identifikation der Bürger erreichen. Zudem müsse der Blick mehr auf das Wesentliche gerichtet werden, das heißt einheitliche Regelungen für Finanzmärkte sollten Gesetzen über kindersichere Einwegfeuerzeuge vorgezogen werden.

Das Highlight war eine multikulturelle Podiumsdiskussion, die sich aus Hansenbergern verschiedenster Nationalitäten zusammensetzte: Yixiao Li (China), Omar el Manfalouty (Ägypten), Thuy Nguyen (Vietnam), Nils Zakierski (Belgien), Sebastian Sztwiertnia und Ian Gierczak (Polen). Alle repräsentierten ihr Land und äußerten sich zur dort wahrgenommenen Stellung und Wirkung der Europäischen Union: Zum Beispiel scheine in Polen die große Wirtschaftskraft und damit das große Arbeits- und Ausbildungsangebot wie ein Magnet auf die junge Generation zu wirken. Weitere interkulturelle Zusammenarbeit sei hier höchst erwünscht.Insgesamt sind alle Beiträge zum Staatenverbund der europäischen Union positiv ausgefallen, auch wenn der Repräsentant des Nahen Ostens die einseitige Orientierung der EU an Israel im Gaza-Konflikt kritisierte und die Repräsentantin Chinas klarstellte, dass sich die Menschen- und Bürgerrechte aufgrund der grundverschiedenen Traditionen nicht einfach – wie oft gefordert – übertragen ließen.

Abschließend wurden unsere Gäste natürlich wie immer mit einer Flasche Hansenbergwein belohnt und Herr Grosch, der Organisator und Ideengeber der Veranstaltung, motivierte alle Zuhörerinnen und Zuhörer gemäß des Mottos „Jetzt seid ihr dran!“, sich aktiv an der Gestaltung der Europäischen Union zu beteiligen.