Di, 27.02.2007

Prof. Dr. Friedrich Vollhardt hält an der ISH einen Vortrag zum Thema Vormärz

Ein Theaterbesuch ist etwas Lohnenswertes. Umso mehr, wenn das inszenierte Stück bald im Deutschunterricht behandelt werden wird, und noch mehr, wenn bekannt ist, dass am nächsten Tag ein Vortrag über dessen geschichtlichen Kontext gehalten werden wird. Dementsprechend groß war die Spannung unter den Schülern der Klasse 12, als sie – nach dem Besuch des überaus gelungenen Theaterstückes „Woyzeck“ von Georg Büchner in Wiesbaden – am Mittwochmorgen den Vortragsraum betraten. Noch vor der Besprechung des Dramenfragments bereits so ausführlich informiert zu sein, befriedigt denn auch nicht nur das Bedürfnis des Hansenbergers nach guten Noten im Unterricht, sondern auch den Wissenshunger der Schüler.

Diesem wurden durch den Vortrag große Mengen an Nahrung entgegengebracht. Der Referent, Prof. Dr. Friedrich Vollhardt, Prof. für Neuere Philologie an der Ludwig-Maximilian-Universität München, hatte im Laufe seiner Forschungstätigkeit auch über die Epoche des Vormärzes geforscht und konnte so durch beachtliches Fachwissen beeindrucken. An den Hansenberg gelangt war er über Frau Schwindt, die ihn aus ihrer Studienzeit kennt und für den Vortrag eingeladen hatte.

Einen thematischen Schwerpunkt setzte Vollhardt auf den Fragmentcharakter des Dramas, dessen Szenen durch Büchners frühen Tod nicht in eine feste Reihenfolge gebracht wurden. Diskutiert wurde die Frage, inwiefern die Kenntnis dieser eindeutigen Sequenzierung sinnvoll und nötig sei. Dagegen fand die Theorie, Büchner habe das Drama als Fragment belassen wollen, bei Vollhardt nur wenig Zustimmung.

Großen Wert legte er auch auf den Zusammenhang zwischen Büchners Leben und seinen Werken. Als junger Arzt kritisierte dieser im Woyzeck die menschenverachtenden Praktiken der Mediziner, doch in anderen seiner Werke (z. B. „Lenz“, „Dantons Tod“ oder die Komödie „Leonce und Lena“) sind nur wenige klare Korrelationen ersichtlich.Das Kolloquium war in sehr offener Form gehalten und band die Schüler zu jedem Zeitpunkt mit ein. Sie konnten ihre eigenen Erfahrungen vom Theaterbesuch wie auch der Lektüre einbringen, erfuhren aber auch Neues über das Dramenfragment und seinen Autor. Ganz nebenbei flossen hierbei Informationen über die Tätigkeit des überzeugenden Referenten als Literaturwissenschaftler, den Vorgang der Erforschung und Deutung eines Dramas mit ein. Professor Vollhardt erwies sich dabei als eloquenter Vortragender. Er gab den Schülern die Möglichkeit, ihre eigenen Sichtweisen zu überprüfen und mit dem Stand der Forschung und den Meinungen der Mitschüler zu vergleichen.

So eröffnete der Vortrag vor allem neue Perspektiven für den Unterricht und gab auf Seiten der Schüler Anlass zu weiterführenden Diskussionen – der Magen der Hansenberger knurrt wieder.-