Do, 04.02.2016

Philosophie-Wettbewerb: Maarit Franzki unter den Top Ten in Hessen

 

Immer wieder gibt es am Hansenberg Schülerinnen und Schüler, deren Interessen über den Rahmen des Unterrichts weit hinausgehen. Die z.B. auch in der Freizeit philosophisch-ethische Texte lesen, oder ihre Gedanken einmal außerhalb von Klausuren konzentriert niederschreiben. Für solche Schülerinnen und Schüler ist der „Essay-Wettbewerb Philosophie“ gedacht.

Im vergangenen Jahr wurden aus 11 Bundesländern 626 Essays an die Juroren in NRW gesandt. Maarit Franzki hat in diesem Jahr einen Essay eingereicht und gelangte auf Anhieb in die Top Ten-Hitliste des Landes Hessen.

Unter den vier Themen zur Auswahl schreiben die Schüler ihren Essay. Maarit Franzki entschied sich für das recht schwierige Thema II:

 

  1. Das haus hat allen zu gefallen. [...] Das kunstwerk ist eine privatangelegenheit des künstlers. Das haus ist es nicht. [...] Das kunstwerk will die menschen aus ihrer bequemlichkeit reißen. Das haus hat der bequemlichkeit zu dienen. Das kunstwerk ist revolutionär, das haus konservativ. [...] Der mensch liebt alles, was seiner bequemlichkeit dient. Er haßt alles, was ihn aus seiner gewonnenen und gesicherten position reißen will und belästigt. Und so liebt er das haus und haßt die kunst.

 

(Adolf Loos, Architektur, 1909. In: Adolf Loos: Sämtliche Schriften in zwei Bänden. Hg. v. Franz Glück. Erster Band, Verlag Herold, Wien und München 1962. S. 314 f.)

Herzlichen Glückwunsch zur Top Ten-Platzierung, Maarit!

 

 

Hier ein Zitat aus dem Bericht von Maarit Franzki dazu: „(…) Der Essaywettbewerb Philosophie hat mich zu vielen spannenden Lektüren, Recherchen, Schreib- und Gliederungsversuchen und Diskussionen mit den Mitschülern angeregt. Das Gleichnis, das Adolf Loos hier m.E. anspricht, ist vielleicht nicht unbedingt auf Anhieb zu erkennen. Aber ich finde, allgemein kann das Haus auch als „alte Höhle des modernen Menschen“ verstanden werden, und alle sind in ihm wie die Gefangenen in Platons Höhlengleichnis.

 

 

Die Aufgabe des Kunstwerks ist es, mit seiner starken Wirkung auf den Einzelnen ihn aus seiner Rolle als „Gefangener seiner Gewohnheiten“ mit Macht heraus aus der Höhle der gewohnten Sichtweisen zu zerren (aus Eros/Lust oder mit Thanatos/Schmerz). Damit er „draußen“, außerhalb des gesicherten Hauses, seine ihm lieb gewordenen Gewohnheiten ablege, und mit Hilfe der „Sonne der Erkenntnis“ die Wahrheit des Guten, Schönen, Wahren sehen lerne

So lässt sich, finde ich, die Aussage von Adolf Loos von 1909 zur Architektur seiner Zeit metaphorisch als „ewiges Gleichnis der Situation des Menschseins“ gut mit dem Höhlengleichnis von Platon vergleichen. Das Kunstwerk dringt unbeliebt, „re-volutionär“ in das Haus des Individuums ein, und treibt den Menschen auf angenehme oder unangenehme Weise aus seinem „gewohnten Haus seiner konservativen Gewohnheiten.“ Und damit ist die Kunst wahrhaft „revolutionär“, die Sicht der Dinge um-wälzend. Der Mensch und sein Haus aber bleiben gerne „konservativ“, unverändert. Die Menschen lieben halt eher die gewohnten, gesicherten Schatten, statt die verunsichernden Erkenntnisse der wahren Welt, im Lichte der ewigen Ideen der Sonne. (…).“