Mi, 01.12.2010

Ministerpräsident a. D., Roland Koch, diskutiert mit der Geographie-AG der ISH

„Harmonie“. Dieses Wort beschreibt in Roland Kochs Augen die Politik der Volksrepublik China derzeit am treffendsten. Zwar erscheint dies zunächst als ein Widerspruch gegenüber der aggressiven Darstellung der VR in den Medien, doch bei näherer Betrachtung der Lage entspricht diese Überlegung vielmehr den Tatsachen. Denn die Politik Chinas sei, so Roland Koch, weniger nach außen, als vielmehr auf zentrale innenpolitische Fragestellungen hin ausgerichtet. China besitze folglich keine außenpolitischen Ambitionen und hege auch keine, im Westen oft befürchtete, Expansionsbestrebungen. Laut Koch spiegelt sich dieser Zustand in den aktuellen Handlungen der Regierung Hu Jintaos wider, die auf eine Verbesserung des wirtschaftlichen Ungleichgewichts, einen Abbau der kulturellen Differenzen und der Schaffung eines einheitlichen Chinas, eben eine Harmonisierung der Roten Nation zielen.

Diese und viele andere spannende Themen rund um das Thema China diskutierten Schüler der Internatsschule Schloss Hansenberg mit dem Hessischen Ministerpräsidenten a. D. sowie zukünftigen Vorstandsvorsitzenden der Bilfinger Berger SE Roland Koch. Im Rahmen der Erd-kunde AG (unter Leitung von Martin Grosch), die sich in diesem Jahr mit dem Thema Geopo-litik auseinandersetzt, bereicherte Herr Koch mit seinen zahlreichen geschäftlichen sowie persönlichen Erfahrungen aus und mit dem Reich der Mitte (u. a. Freundschaft mit dem Dalai Lama, zahlreiche Staatsbesuche), die motivierte und interessierte Runde und trug zu einem verstärkten politischen Blick auf das Thema bei, welches vorher in der AG bereits intensiv vorbereitet wurde. Geschmückt mit kleinen Anekdoten aus seinen Chinareisen und Gesprächen über das Land, beleuchtete Koch sowohl die Glanz-, als auch die Schattenseiten des Landes und wich vor keinem noch so heiklen Thema zurück.

So bezog er eindeutig Stellung zu der Tibet-Problematik, die er mit einer relativen Autonomie Tibets innerhalb Chinas gelöst sehen würde, thematisierte auch ebenso wichtige Frage-stellungen bezüglich der Zukunft, der weiteren geopolitischen Handlungen sowie der kultu-rellen und ideologischen Probleme Chinas. Weder klammerte er das Thema Nordkorea oder die Menschenrechtsproblematik aus, noch zeichnete er ein zu kritisches oder positives Bild des Pekinger Machtapparats; vielmehr kam er zu einer ausgewogenen und realitätsgetreuen Charakterisierung des Reichs der Mitte. Abschließend gab Roland Koch den Schülern mit auf den Weg, dass man nur einen Kardinalfehler in Bezug auf China begehen könne, nämlich das Selbstwertgefühl und den Stolz eines Chinesen infrage zu stellen. Nur dann würden Chinesen irrational und unkontrolliert handeln, in allen Situationen seien die Chinesen ein gebildetes, zukunftfähiges und vor allem ein interessantes Land, vor dem wir Europäer keine Angst zu haben bräuchten, wir sollten es vielmehr als eine Chance auffassen. Europa und China seien sich in Wahrheit näher, als man es im Allgemeinen glaube.