Gedenken an den 9. Mai 1945
Erinnerung pflegen
Die Kultur der Erinnerung hat am Hansenberg einen hohen Stellenwert. Die ersten beiden Jahrgänge unserer Schule fuhren jeweils am 9. November zu einem Ort geschichtlicher Prägnanz: Worms mit seiner überreichen jüdischen Tradition bot einen Anlass zur Besinnung und Rück-Erinnerung im Kontext zu 1938. Mit dem Nono-Schulprojekt haben wir im Frühjahr 2005 mit einem ganzen Oberstufenjahrgang intensiv und fächerübergreifend eine Kultur der Erinnerung und Verarbeitung gepflegt, ohne den Aspekt der Zukunft (Bau Europas, Kultur des Friedens) zu vernachlässigen. Die Gedenkstunde am 9. Mai war insofern keine einmalige Feigenblatt-Veranstaltung, sondern eine bescheidene, aber wichtige Facette der bisherigen Arbeit. Die Schüler verfolgten äußerst konzentriert die Filmausschnitte, die ohne großen Kommentar Bilder des Krieges, von Vernichtung und Vertreibung, Interviewausschnitte von Zeitzeugen und einen Ausblick auf 1945–49 zeigten. Zwei Redebeiträge ergänzten sich dazwischen in interessanter Weise. Während Hanns-Hagen Goetzke von Schülerseite her in seiner engagierten Rede durchaus auch persönliche Eindrücke (Gespräche mit den Großeltern waren hier ein direkter Draht zur Geschichte gewesen) einbrachte, sorgte Dr. Jörg Köhler für den großen Bogen zur Entwicklung der Erinnerungskultur in Deutschland – vom Verdrängen der 50er-Jahre bis zur intensiven Bearbeitung, u. a. durch v. Weizsäckers Rede von 1985. Schulleiter Wolfgang Herbst ermutigte zuletzt die Schüler, trotz notwendiger Erinnerung nicht den Blick nach vorne zu vergessen, er zitierte am Ende aus der Schlusspassage der Pest von Camus.
Niko Lamprecht