Mi, 10.09.2008

Hans Georg Heinscher von der NGO Attac hält einen Vortrag zu dem Thema „Immer wieder Wirtschaftskrisen“

Internationale Finanzmärkte im kritischen Blick. Globalisierung und ihre Folgen.

Steineschmeißer und Demonstranten in Heiligendamm? Links – oder gar Rechts? Nun ja, aber doch zumindest ein wenig weltfremd? So und ähnlich könnte das Bild (und zugleich auch Unwissen) aussehen, welches sich Teile der Bevölkerung von der globalisierungskritischen Organisation Attac aus vagen Medienbeiträgen gemacht haben, die in regelmäßigen Abständen anlässlich internationaler Gipfel über die Vereinigung berichten. Neben seinem Vortrag zur Frage „Immer wieder Wirtschaftskrisen?“ hatte Hans-Georg Heinscher, Mitglied der Attac-Regionalgruppe Wiesbaden, an diesem Vortragsabend am 11. 09. 08 an der Internatsschule Schloss Hansenberg also dringend auch Aufklärungsarbeit zu leisten.

Attac wurde 1998 in Frankreich als „Association pour une taxation des transactions financières por l’aide aux citoyens“, also „Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen zum Wohle der Bürger“ gegründet – wenngleich die 90 000 Mitglieder heute zu einem wesentlich weiteren thematischen Spektrum Stellung beziehen, als es dieser Name vermuten ließe. Bevor der Referent jedoch die Forderungen von Attac präsentierte, lieferte er einen umfassenden Abriss historischer Finanzmarktkrisen und selbstverständlich der aktuellen Subprime-Krise.

Ausgehend von der ersten dokumentierten Spekulationsblase um Tulpenzwiebeln im Holland des frühen 17. Jahrhunderts erfuhren die Schüler im sehr lebhaften Vortrag von Herrn Heinscher von allen wesentlichen Krisen, dem Wesen der Finanzmärkte und den verschiedenen Akteuren, die auftreten. Insbesondere die Schilderung der Hypothekenkrise gestaltete sich als interessant, ging sie doch mit Thesen einher, die Anlass zur Diskussion boten. Unkontrollierte „Over the Counter“-Geschäfte, also außerbörsliche Transaktionen problematisierte der Attac-Vertreter ebenso wie die Rolle von Hedge Fonds, Private Equity Gesellschaften und den derzeit viel zitierten Derivaten (z. B. Asset Backed Securities). Im Umgang mit den auftretenden Schwierigkeiten seien jedoch nicht nur Verfehlungen der privaten Finanzdienstleister und Ratingagenturen zu erkennen. Die Rettungsmaßnahmen vor allem der amerikanischen Zentralbank FED ließen, so Heinscher, nun den Steuerzahler für die Fehleinschätzung der Banker aufkommen und sorgten zudem für eine verstärkte Inflation.

Aus dem sich seit den achtziger Jahren häufenden Auftreten derartiger Phänomene leitet Attac Forderungen gegen dieses Systemversagen der neoliberalen Globalisierung ab, die der Marktwirtschaft eher schadeten als nützten, so Heinscher: Eine wesentlich umfassendere Kontrolle von Finanztransaktionen wie auch der Ratingagenturen, eine Besteuerung der Finanzgeschäfte (sog. Tobinsteuer), ein Verbot von riskanten Produkten der Branche, wie zum Beispiel macnher Hedge Fonds und abschließend eine Verlangsamung des Handels.

Eben diese Appelle und eine insgesamt kritische Einstellung sowohl gegenüber der Globalisierung als auch der Handlungsbereitschaft der Parteien ließen das diskussionsbereite Publikum intensiv nachfragen. Insbesondere die Vorteile der Globalisierung, wie einen unbestreitbaren Wohlstandsgewinn vieler Staaten, wollte es stärker berücksichtigt wissen.

Zweifellos eröffnet die zunehmende Globalisierung neue Fragestellungen für die Politik und Gesellschaft – Hans-Georg Heinscher stellte die durchaus überraschenden, marktnahen Lösungsvorstellungen von Attac vor, letztlich war es jedoch jedem Schüler selbst überlassen sich eine Meinung zu bilden.