So, 30.10.2011

Hans Georg Heinscher von ATTAC referiert zum Thema „Immer wieder Wirtschaftskrisen?“

Dauercamper vor der EZB in Frankfurt/M. oder Demonstranten in Heiligendamm 2009 oder in Cannes 2011? So und ähnlich sieht das Bild aus, das sich viele auf dem Hansenberg und Teile der Bevölkerung von der globalisierungskritischen Organisation Attac aus Medienbeiträgen gemacht haben. Hans- Georg Heinscher wirkte am Montag, den 31. 10. 11 so gar nicht wie ein Demonstrant und zeigte in einem umfangreichen Vortrag provokant und fachkompetent die Kritik und die Forderungen von Attac auf.

Laut Heinscher wurde Attac 1998 in Frankreich als „Association pour une taxation des transactions financières pour l’aide aux citoyens“, also als „Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen zum Wohle der Bürger“ gegründet. Ca. 90 000 Mitglieder hat diese globalisierungskritische NGO, also Nicht-Regierungsorganisation (Non-Governmental-Organisation) heute.

Von der ersten Spekulationsblase um Tulpenzwiebeln im Holland des frühen 17. Jahrhunderts bis zur Griechenland-Krise heute erfuhren die Schüler im lebhaften Vortrag von H.-G. Heinscher viel zum Wesen der Finanzmärkte und den verschiedenen Akteuren. Insbesondere die Schilderung der Hypothekenkrise2008 gestaltete sich als interessant, ging sie doch mit Thesen einher, die Anlass zur Diskussion boten. Unkontrollierte „Over the Counter“-Geschäfte, also außerbörsliche Transaktionen problematisierte der Attac-Vertreter ebenso scharf wie die Rolle von Hedge Fonds, Private Equity Gesellschaften und den derzeit viel zitierten Derivaten (z. B. ABS, Asset Backed Securities oder CDO, Collateral Debt Obligations oder CDS, Credit Default Swaps).

Aus dem sich seit den achtziger Jahren häufenden Auftreten derartiger Phänomene leitet Attac Forderungen gegen dieses „Systemversagen der neoliberalen Globalisierung“ ab, die der Marktwirtschaft massiv schadeten, so Heinscher kritisch: Eine wesentlich umfassendere Kontrolle von Finanztransaktionen wie auch der Ratingagenturen, eine Besteuerung der Finanzgeschäfte (sog. Tobinsteuer), ein Verbot von riskanten Produkten der Branche, wie zum Beispiel mancher Hedge Fonds…, die Liste der Forderungen von ATTAC ist umfangreich.Eine grundsätzliche Neuorientierung der Wirtschaft auf das Gemeinwohl wird bei Attac diskutiert, so Heinscher. Die bisher aufgestellten Einzelforderungen würden in einen Gesamtplan eingebettet, dessen Ziel nach Christian Felber die „Gemeinwohl-Ökonomie“ sei. Nach den Vorstellungen der Initiatoren sollen die sozial und ökologisch vorbildlichen Firmen bei Steuern, Abgaben und Subventionen bevorzugt werden. Die Wirtschaft soll durch eine dritte, partizipative Säule der Demokratie (neben der repräsentativen und direkten Säule) durch gewählte Wirtschaftskonvente noch stärker demokratisiert werden.

Die Diskussion blieb zunächst verhalten, obwohl Hans-Georg Heinscher mit provokativen Fragen die Schüler lockte: „Ich bin doch hier in der Höhle des Löwen, wie ist das denn z. B. mit der Elite und dem Public-Private Partnership, PPP?“ Dann aber löste sich der Knoten…