Fr, 26.02.2010

Große Hansenberg-Soirée, die Achte

Soirée

Soirée? Sieht aus wie „soire“, das wäre Abend. Und, wie jeden Abend, setzen sich Melanie und Christian (Moderation) vor den Fernseher, um sich vom täglichen Abendprogramm unterhalten zu lassen. Merkwürdig nur, dass an diesem Abend die meisten bekannten Fernsehstars unter dubiosen Umständen verschwunden sind – aber davon kann man sich nicht aufhalten lassen. Fernsehen muss eben sein, und unterhaltsam wird das Programm trotzdem – um nicht zu sagen, gerade deswegen.

Sind alle Fernsehstars weg? Nicht ganz, einer leistet noch unerbittlich Widerstand. Wer sollte das auch anders sein als der unschlagbare Stefan Raab – aber auch nicht persönlich, sondern eingespielt von Christian Most. Warum denn das, könnte man sich hier fragen? Nun – man weiß es eben nicht. Auf jeden Fall tritt er hier auch nicht in seiner üblichen Sendung auf, sondern hat gerade wieder eine Neue gegründet, nämlich den Hansenberg TV.

Nach einer Werbepause für Evians säuglingsentwickelnde Wunderwässerchen kamen „Die zwei Tenöre“ Bruno und Jens zum Zug. Die beiden hatten allerdings vergessen, die Kamera während der Probe abzuschalten und so wurden ihre Vorbesprechungen auch mit übertragen. Nach einigen Uneinigkeiten über Bach und Mozart entschlossen sie sich für einige Lieder der „Comedian Harmonists“ welche durch leicht disharmonische, klatschende Randgeräuschen beendet wurden. Das ist eben der Preis für Live-Übertragungen – es muss irgendeine Übertragungsstörung in der Luft gelegen haben, diese Geräusche kamen den ganzen Abend lang immer wieder auf.

Etwas weniger klassisch war darauf der „Poetry Slam“ von Janosch und Sebastian. Das Bekenntnis von Janosch, „Online sein“ konnte nach dem Titel keinen Reim mehr aufweisen – stattdessen wurde die Liebe zum neuen Leben deutlich gemacht. Für alle, die gewaltverehrende Computerspiele verbieten wollen: Janosch ist einer von vielen, die „so Counterstrike sind, dass sie gar keine Zeit mehr haben, in die Schule zu gehen, um Amok zu laufen“. Was würde nur geschehen, wenn sie in ihrer Freizeit keine Gewaltspiele mehr spielen könnten? Na, da ist die Politik wieder in höchstem Maße unverantwortlich, es sei denn, die Zocker sind alle so „Relaxed“ wie Sebastian. Dann müsste allerdings auch ein Einfuhrverbot für Kaffe eingeführt werden, um der „Hyparaktivierung“ vorzubeugen. Vielleicht löst sich das Problem auch von selbst, wenn wir gehen, loslaufen und mal etwas anderes machen – sei es auch nur, das Taxi zu nehmen anstatt zu laufen.

Von der Impro-AG drückte nun ein wildes Dschungelfieber auf die Trommelfelle – noch verstärkt durch die Andeutung von Herr Doufrain, er hätte diese Nummer lieber im Lendenschurz gespielt. Sehr schön war auch der Geschlechtertausch, der in „Numb will go on“ stattfand: Die Rapperin Jay-Ayshe und der Sänger Patrick Dion lieferten sich ein Duell der musikalischen Art. Das Publikum war zu Tränen gerührt – vor Lachen.

Ein Gedichtvortrag, so meint man jedenfalls, könnte die Zuschauer im Raum und vor dem Fernseher wieder etwas vom grotesk-komischen Niveau herunterholen. Da müsste das Gedicht nur auch mitmachen: Antonia Jungwirth‘s Gedicht „Was ich gemacht von Freitag auf Samstagnacht“, vorgetragen von Sönke, weil sie selbst zu diesem Abend nicht zurückkommen konnte, tat der Stimmung mit Sicherheit keinen Abbruch.

Victoria Jakobs konnte nach Weihnachtskonzert und Musical wieder mit ihrer Stimme punkten – jetzt allerdings unter eigener Begleitung auf dem Klavier mit „Your Song“ von Elton John. Was sie an romantischer Melancholie heraufbeschworen hatte, wurde jedoch gleich darauf wieder zerstört: Die Klasse 13 d, verstärkt durch Herr Doufrain, führte einen „School Stomp“ auf – mit Stühlen, Stiften, Notenständern Tischen und Reißverschlüssen.

Unter die Haut kamen da eher Sinja & Verstärkung. Man könnte geneigt sein, Sinja und die starken Männer zu sagen, doch bei dieser Hip-Hop Gruppe war kein Mann dabei. Stattdessen war der Chartbreaker wohl eher für die männlichen Zuschauer ein Genuss. Daraufhin stellte Marcel die „neue“ Trendsportart des Hansenbergs vor: das allseits bekannte, praktizierte und beliebte Spiel – nun, nicht mit dem Feuer, aber doch mit gefahrvollen und gesuchten Büchern. Die Frage, ob dies der beliebteste Sport ist, erübrigt sich von selbst, wenn man ab und zu die Bücheranzeigen liest: ständig sucht die Bibliothek irgendwelche Bücher.Ganz brav und klassisch war dagegen Anny, die auf der Geige „Butterfly Lovers“ spielte. Auch wenn die Harmonie klassisch chinesisch war, war es ein Stück zum Entspannen an diesem heiteren Abend. So war möglicherweise auch „Brennt die kleine Kerze“ gedacht, aber als dann noch Silas und Artjom bei den Mädchen mitmischten, bekamen die Schausteller aus unergründlichen Gründen einen stark ansteckenden Lachkrampf, der sich schnell auf die Zuhörer übertrug. Das sich allerdings die Krankheit auch auf die umliegende Technik übertrug, war schon sehr ungewöhnlich. Die Show „Wetten Dass?“ war stark beeinträchtigt – nicht nur die Technik war krank, sondern es hatten auch zwei der weiblichen Replikationen von Thomas Gottschalk eine „Mutation“ erhalten, wie eine Sprecherin (ebenfalls ein Klon) dem verängstigten Publikum mitteilte. Das Wetten verlief entsprechend zum Erfolg der Spieler – die fünf Thomas Gottschalks aus W1/1 müssen nun 4 EG putzen und Jeremy einen HSV-Kuchen backen.

Nach einem weiteren Lied der zwei Tenöre wurden böse Erinnerungen an nicht ganz anziehende Ereignisse im letzten Jahr wach. Aber „Ein Abend in 6 EG“ ist nicht so sexuell belastend wie es letztes Jahr in 9 EG der Fall war: sie sind zwar ein Sauhaufen, aber wenigstens angezogen.

Zum Schluss kamen nach einer kurzen Pause alle noch einmal zusammen, um diesen Abend gebührend zu feiern – mit Rock und Metal von eigenen Bands. Ohne Frage einer der amüsantesten Abende dieses Jahr und eine sehr schöne Soirée – dafür vielen Dank!