Mi, 12.12.2007

Dr. M. Schmeling vom Forschungsprojekt CERN in Genf hält einen Vortrag über die physikalischen Experimente mit dem Teilchenbeschleuniger

So manch einer wird sich im Geheimen sicherlich schon einmal gedacht haben: Teilchenbeschleuniger schön und gut, aber was machen die da eigentlich bei CERN?

Herr Dr. Schmeling gab eine zwar stark verkürzte aber „fächerübergreifende“ Antwort: „Wir suchen nach dem, ‚Was die Welt im Innersten zusammenhält.’ – nach Elementarteilchen und den Kräften, die zwischen ihnen wirken.“

Herr Dr. Schmeling hat in Mainz Physik studiert und arbeitet seit zwölf Jahren bei CERN, wo er das Department „Physics“ mit etwa 567 Mitarbeitern organisiert. Was bei der Angabe der Mitarbeiter besonders wichtig ist, ist die Tatsache, dass CERN eigentlich ein Dienstleister ist. „Wir stellen Teilchen zur Verfügung, damit andere Forscher, die sogenannten User, damit forschen können.“ Freilich findet dies vor Ort statt. Aber diese Gastforscher, zurzeit etwa 8500, bleiben eben nur für die Zeit eines Projekts. Insgesamt sind 2363 Mitarbeiter bei CERN fest angestellt.

CERN (Conseil Européan pour la Recherche Nucléaire)wurde 1952 von der UNESCO gegründet. Die Wahl des Standorts fiel auf Genf, da man eine Stadt benötigte, die international ist, in Europa liegt, genügend Platz bietet und militärisch unbelastet ist. Die CERN-Charta wurde 1953 unterzeichnet, für Deutschland unterschrieb Werner Heisenberg. Besonders der Aspekt „genügend Platz“ war von elementarer Bedeutung: Das Gebiet von CERN ist heute 195 Hektar groß, in 19 Teilstandorte gegliedert und bietet Platz für 574 Gebäude –

wobei dies die unterirdischen Ausmaße der Anlage noch außer Acht lässt. Zurzeit sind an CERN 20 Mitgliedsstaaten beteiligt, das Budget beträgt etwa 1,3 Mrd. Schweizer Franken pro Jahr.

Doch was genau machen Grundlagenforscher? Sie finden neue Teilchen. Und wie tun sie das? Sie beschleunigen Protonen auf unglaublich hohe Energien und lassen sie kollidieren, wobei diese in ihre Einzelteile zerspalten werden. Diese sogenannten Elementarteilchen lassen sich in drei Kategorien aufteilen, die dann wiederum in sogenannte Familien eingeordnet werden: Leptonen, Quarks und Bosonen. Die bekanntesten sind hier wohl das Elektron (das leichteste Lepton) und das Photon (ein Boson). Besonders schwer vorstellbar ist, dass auch Kräfte, die Grundlagenphysiker nennen sie schwache bzw. starke Wechselwirkung, durch Teilchen übertragen werden. Selbst für Masse soll es ein Teilchen geben, das sogenannte Higgs. Dieses ist jedoch experimentell noch nicht nachgewiesen. Die Grundlagenforscher am CERN-Institut erhoffen sich allerdings, mit dem neuen Teilchenbeschleuniger, der 2008 in Betrieb genommen werden soll, dass Higgs nachweisen zu können. Mit diesem Beschleuniger, dem LHC (Large Hadron Collider), soll es außerdem möglich sein, den Energiezustand der beschleunigten Teilchen wie 10–10 Sekunden nach dem Urknall herzustellen. Der LHC wird einen Umfang von 27 km haben und somit – freilich unterirdisch – noch mehr Platz einnehmen als das große CERN-Gelände selbst. Auf diesen gesamten 27 km wir ein Hochvakuum herrschen, das bedeutet, dass in einem Kubikzentimeter höchstens ein Stickstoffmolekül vorhanden sein wird – in normaler Luft befinden sich 30 000 000 000 000 000 000 Moleküle. Im LHC wird ein Proton, das übrigens bis zu 12 Stunden zirkuliert, auf 99,99997 % der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Um Teilchen zu beschleunigen, braucht man sehr starke Magnete. Bei CERN sind es supraleitende Magnete, die eine Temperatur von 1,9 K, das sind etwa –271°C benötigen. Jeder Magnet, der den Protonenfluss „in der Kurve hält“, wiegt etwa 35 Tonnen; da es zwei gegensätzliche Protonenflüsse im LHC geben wird, bedarf es zweier Magnete. Das LHC wird der größte Teilchenbeschleuniger weltweit sein.

Mit seiner interessanten und gänzlich formelfreien Präsentation sowie seiner sympathischen Art, auf Fragen sehr verständlich zu antworten, gelang es Herrn Dr. Schmeling, sein Publikum zu begeistern. Besonders das Interesse der zukünftigen CERN-Praktikanten aus dem Physik-LK wurde spätestens jetzt geweckt, da diese im Anschluss genaueres über ihr Praktikum in 13/III erfuhren.

Natürlich erfuhren wir nicht hinreichend, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ – dies kann ja nicht einmal die Grundlagenforschung gänzlich beantworten. Dennoch war der Vortrag sehr informativ – und spannend zugleich: Ein Abend voller riesiger Zahlen und winziger Teilchen.