So, 19.09.2010

Diskussion mit der hessischen Kultusministerin Frau Dorothea Henzler

Am 20. September 2010, einem Montag, war die Kuratoriumssitzung der Internatsschule Schloss Hansenberg. Im Anschluss daran diskutierten die Schüler der dreizehnten Jahrgangsstufe wie jedes Jahr mit führenden Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik über aktuelle Themen. Zu Besuch war auch die hessische Kultusministerin Frau Dorothea Henzler (FDP). Mit ihr führten die Schüler der Klasse 13b eine offene Diskussion über das aktuelle Thema der Einführung einer Bildungskarte in Hessen bzw. Deutschland. Bei der Diskussion spielte unter anderem auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 eine Rolle. Angesprochen wurden Fragen der praktischen Umsetzung, der Nützlichkeit und der Gerechtigkeit einer Bildungskarte.

Nachdem Herr Bernöster das Thema kurz einleitete, stellte Frau Henzler ihre Position zu dem Konzept der Bildungskarte dar. Sie möchte versuchen, die Bildungskarte bis Ende 2010 (Frist des Bundesverfassungsgerichts) an hessischen Schulen zu integrieren und damit Hessen zu einem Vorreiterland in dieser Hinsicht machen. Hessen sei durch die bereits bestehende Familienkarte besonders geeignet dafür, da dadurch schon die passende „Infrastruktur“ vorhanden sei und man die Bildungskarte mit der Familienkarte verbinden könne, was z. B. auch Kosten bei der praktischen Umsetzung einsparen würde. Dieser Familienkarte und Bildungskarte würde man dann auch nicht ansehen, dass die Kinder aus Hartz-IV Familien kommen, was dem in den Medien schon viel diskutierten Aspekt der sozialen Diskriminierung solcher Kinder vorbeugen würde.

Für die Schüler stellte sich zunächst einmal vor allem die Frage der praktischen Umsetzung der Bildungskarte. Frau Henzler machte dabei deutlich, dass man versuchen müsse die Umsetzung mit möglichst wenig bürokratischem (und wenn möglich auch finanziellem) Aufwand zu gestalten. Daher möchte Sie, dass sich das Konzept zunächst in einem kleinen Rahmen bewegt, nämlich nur an den Schulen in Hessen, wo man mit der Bildungskarte Dinge wie Schulmaterialien, Nachhilfeunterricht, die Teilnahme in Sportvereinen und Ähnliches finanzieren könnte. Im Moment würden auch noch Schulen gesucht, die bereit sind mitzumachen. Dem Kind wird durch die Jobcenter monatlich ein fester Betrag auf die Karte überwiesen, sodass das Kind lerne mit Geld richtig umzugehen. Natürlich solle dabei auch parallel mit den Eltern der Kinder gearbeitet werden. Durch die Bildungskarte werde vor allem gewährleistet, dass das Geld auch für die richtigen Dinge ausgegeben wird und die Eltern damit nicht Zigaretten kaufen gehen.

Die Schüler sprachen auch das Thema der Nützlichkeit der Bildungskarte an. Frau Henzler vertrat hier den Standpunkt, dass man es eben ausprobieren müsse. Erst dann könne man sagen, wie sinnvoll und nützlich die Bildungskarte ist und ob es eventuelle Verbesserungen geben muss. Wenn die Bildungskarte nicht bis Ende 2010 eingeführt wird, dann müsse der Bund wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts schlicht die Pauschalbeträge der Hartz-IV-Empfänger erhöhen. An dieser Stelle Da könne man allerdings wieder fragen, ob das Geld dann richtig ausgegeben wird.

Ein anderes diskussionswürdiges Thema sahen die Schüler im möglichen Eingriff in die elterliche Erziehung durch die Bildungskarte. Die Bildungskarte sei kein Misstrauensvotum gegenüber den Eltern, meinte Frau Henzler beschwichtigend. Aber wir hätten in Deutschland das Problem, dass Familien teilweise schon in der dritten Generation Hartz-IV-Empfänger sind und man den Eltern zur Seite stehen müsse. Die Bildungskarten mit einhergehenden Gesprächen zwischen Eltern und Jobcentern würden dazu betragen.

Die Frage der Gerechtigkeit dieses Konzepts ist eine problematische, die auch während der Diskussion nicht ganz geklärt werden konnte. Wie individuell das System auf die einzelnen Kinder angepasst sein wird, muss noch ausdiskutiert werden.

Am Ende der Diskussion hatten die Schüler neue Erkenntnisse gewonnen und sahen sich in ihren kritischen Fragestellungen bestätigt und ernst genommen. Frau Henzler gewährte einen offenen Blick in das Thema mit all seiner Brisanz und ließ die Schüler auch an Ihrer persönlichen Meinung dazu teilhaben. Einige Bedenken blieben, aber generell hörte sich das Vorhaben mit der Bildungskarte für die Schüler überzeugend an. Wir dürfen gespannt sein, was uns in den kommenden Monaten noch erwarten wird.