Do, 08.02.2007

Death of a Salesman im Frankfurter Schauspiel

Wann immer sich ein Bus dem Hansenberg nähert, liegt die Vermutung nahe, dass jenes Vehikel uns in unserer Einsamkeit aufstören will, um wieder einmal einen Jahrgang zu den Brennpunkten der regionalen Kultur zu transportieren. So war es auch am 9. 2. 2007, als zwei Klassen des Jahrgangs 12 ins Schauspiel Frankfurt fuhren, um der dortigen Inszenierung Tod eines Handlungsreisenden – nach dem englischen Original Death of a Salesman von Arthur Miller – beizuwohnen.

Auf der Bühne wurde die Geschichte des Vertreters Willy Loman und seiner Familie, deren unterschiedliche Vorstellungen von Glück und Selbstverwirklichung das Familienoberhaupt in den Selbstmord treiben, dargestellt. Um die Schulden der Familie zu begleichen, will er einen Autounfall vortäuschen, mit dem Ziel, die Lebensversicherung seinen Angehörigen zukommen zu lassen. Vor allem ist ihm nämlich an der Anerkennung durch andere gelegen. Das Wissen, seine Familie nicht versorgen zu können, haben – lange vor der eigentlichen Handlung – zu einem Seitensprung geführt, der das Verhältnis zwischen ihm und Biff, seinem ältesten Sohn, auf immer gestört hat. Dieser, von Kind auf von kleptomanischen Zwängen geplagt, strebt nach der geringsten möglichen Verantwortung, da er sich von seinem Vater abgrenzen möchte. Das Gegenteil wird durch seinen Bruder Happy verkörpert, der sich dem Vater als folgsamer Sohn präsentieren will, jedoch in dessen Augen nie eine vergleichbare Wertschätzung wie der ältere Bruder genießt. Die fürsorgliche Gattin Lomans, die von den Selbstmordplänen ihres Mannes weiß, verteidigt diesen stets und in jeder Situation, obwohl er sie nicht selten demütigt.

Die Darsteller bewiesen großes Einfühlungsvermögen und verkörperten ihre Figuren in beeindruckender Klarheit. Trotz des nur geringen zur Verfügung stehenden Platzes – die Bühne war knapp bemessen – entstand niemals der Eindruck von Enge. Im Gegenteil: Die ständige Präsenz aller Teilnehmer in der Szenerie verdeutlichte die gegenseitigen Wechselwirkungen in besonderer Eindringlichkeit. Verwirrend wirkten lediglich die Doppelrollen einzelner Darsteller, und das abrupte Ende, welches den Zuschauer im Unklaren ließ und Anstoß zum Denken gab, bedeutete für den Darsteller der Figur Happy zugleich auch das Ende des Abends: Aufgrund hoher Temperaturen auf der Bühne sank dieser noch vor Ende des Stückes erschöpft auf die Bühne nieder. Einige der Besucher aus dem Rheingau reagierten ähnlich – denn die Fülle von Impressionen und Weltanschauungen, mit denen sie in diesem Drama konfrontiert wurden, war zu mitreißend.

Das Stück verdeutlichte den Besuchern aus dem Rheingau, welch hohen Stellenwert der „Status“ in der Gesellschaft innehat. Für Willy, der seine eigene Existenz zu großen Teilen über eine Lüge aufgebaut hat und sie genauso am Leben erhalten will, bedeutet der Verlust der Anstellung zugleich den Verlust der eigenen Identität.