Mi, 25.01.2017

Christine Holzinger über den Jugendstrafvollzug

Christine Holzinger erläutert in Ethikkursen den Jugendstrafvollzug in der JVA Wiesbaden

„Für jeden Gefangenen, der in die JVA Holzstraße kommt, gilt: In der Zeit der Haft – kein Internet, kein Handy! Und für die meisten ist es die letzte Chance auf einen geraden Weg durchs Leben. Und das wissen sie.“

Am 26.Januar konnten wir die stellvertretende Leiterin der Schulabteilung der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wiesbaden, Christine Holzinger, schon zum dritten Mal an unserer Schule begrüßen. Und sie hatte auch gleich eine Überraschung präsent: Ein junger, sympathischer Mann, hier aus Persönlichkeitsschutz NN genannt, berichtete aus eigener Erfahrung von seinem Leben „im Knast“.

Wie sieht das Leben eines Jugendlichen in einer Vollzugsanstalt aus? Gibt es den „typischen“ Insassen? Wie gelingt die Wiedereingliederung in die Gesellschaft? Was bedeutet Resozialisierung in der konkreten Praxis bei den Jugendlichen in der JVA Holzstraße? Es gab sehr viele Fragen!

Auf Initiative der Ethiklehrer Dr. Thomas Bernöster und Paul Rauh wurde dieses Treffen vorbereitet. Beide Ethikkurse des Jahrgangs Q 3 hatten den Wunsch zur Vertiefung des Unterrichtsthemas „Recht, Strafe und Gerechtigkeit“ geäußert.

Frau Holzinger ging auf viele der Fragen in den viel zu kurzen anderthalb Stunden ein. Zunächst präsentierte die Referentin die Institution „Justizvollzugsanstalt“. Dazu wurden Fakten über die JVA, wie Größe, Mitarbeiter, Anzahl der Insassen und die Gestaltung des Wohngruppenvollzugs vorgestellt. Aber auch der rechtliche Rahmen des modernen Justizvollzugs in Hessen wurde erörtert.

Spannend war die Vorstellung des alltäglichen Lebens der Insassen und deren Freizeitbeschäftigung. Besonders Frau Holzingers Stellungnahmen zu Problemen, die beim Zusammenleben von Häftlingen auftreten können, wie Männlichkeitswahn, Körperkult, Gewalt, Erotik, Einsamkeit, Drogenmissbrauch, aber auch Arbeit und Wiedereingliederung in das Leben nach dem Knast, interessierten uns sehr. Denn gerade die effektive Resozialisierung ist ja das große Ziel der Gesetzgebung und des Justizvollzugs in Hessen.

In der Fragerunde wurde von den Abiturienten besonders NN intensiv befragt. Das interessierte die fast gleichaltrigen Schülerinnen und Schüler am Hansenberg sehr. Sind Phänomene wie Gruppenbildung zu beobachten? Welche Folgen hat die Zugehörigkeit zu einer Ethnie? Wie viele der inhaftierten Straftäter werden rückfällig? Was war der konkrete Anlass der Verurteilung und Inhaftierung von NN?

Wir danken Frau Holzinger für diesen wirklich sehr informativen und interaktiven Vortrag und die sehr offene Beantwortung der Fragen. Und alle wünschten dem jungen, sympathischen Häftling, der in wenigen Wochen in den offenen Vollzug und eine Berufsausbildung geht, eine erfolgreiche Rückkehr in das normale Leben.