Di, 10.01.2006

Botschaftsrat Joel Lion von der Botschaft des Staates Israel in Berlin hält einen Vortrag mit anschließender Diskussion zur Geschichte des Staates Israel und zur aktuellen Nahost-Problematik

Der Nahost-Konflikt – ein brennendes Thema

„Ich bin ein Joghurtverkäufer!“ So überraschend und humorvoll stellte sich der israelische Botschaftsrat in Berlin, Joel Lion den verdutzten Schülern und Lehrern vor, die zahlreich zu seinem Vortrag Israel und der Nahost-Konflikt am 11. Januar 2006 auf dem Hansenberg erschienen waren.

Seine Erklärungen machten deutlich, dass er mit dieser Metapher anschaulich die Eigenheiten des Nahost-Konflikts beschreiben wollte. Jeder sei ein Experte (wie bei Joghurt), wisse aber eigentlich doch nicht, woraus der Konflikt (Joghurt) bestehe. Dies zu erklären sei nun unter anderem seine Aufgabe als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit an der israelischen Botschaft in Berlin. Mit kurzen Filmen und Informationen über Israel gab er uns zunächst einen Einblick über das Israel abseits der in allen Nachrichten tagtäglich sichtbaren Gewalt. Israel ist ein hochmoderner Staat, der in der IT-Branche und anderen hochspezialisierten Gebieten weltweit führend ist.

Nach dieser Einführung leitete Joel Lion auf den Schwerpunkt seines Vortrages über und versuchte, uns „durch die israelische Brille“ auf den Konflikt blicken zu lassen. Die Ursachen des Konflikts, so Lion, liegen sowohl für die palästinensische Seite als auch für die Israelis oft weit in der Vergangenheit, da sich vor allem der beiderseitige Anspruch auf Jerusalem mit der religiösen Bedeutung dieser Stadt für die Juden und den Islam erklären lässt.

Joel Lion betonte immer wieder die israelische Bereitschaft zu Verhandlungen, die von den Palästinensern allerdings allzu häufig durch Terroranschläge torpediert würden. Ein großes Problem in diesem Konflikt sei die unterschiedliche Mentalität der beteiligten Staaten. Israel sei „der Vertreter des Okzidents im Orient“ und stünde als funktionierende Demokratie westlichen Vorbilds im Gegensatz zu den patriarchalischen Gesellschaften der Nachbarländer. Durch uns betreffende Beispiele machte er den leider bestehenden Hass zwischen Israelis und Palästinensern besonders verständlich und zeigte augenfällig die Schwierigkeiten für eine Beilegung des Konflikts. Gleichzeitig erläuterte Lion, dass mit Ariel Scharon eine Politik in Israel Einzug gehalten habe, die auch unter den Israelis nicht unumstritten sei und ein Beispiel für die weitreichenden Zugeständnisse Israels darstelle. Nun sei es jedoch an den Palästinensern einen Schritt zu machen, so funktionierten nun einmal Verhandlungen. Dies habe Jassir Arafat jedoch damals nicht begriffen und der Entspannungsprozess sei deshalb unter ihm ins Stocken geraten.

Der Botschaftsrat äußerte wiederholt den Wunsch nach einer friedlichen Lösung des Konflikts, der zu großen Teilen weder von den Israelis noch von den Palästinensern gewollt sei. Der seit 2005 amtierende Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas lasse nun die Hoffnung einer dauerhaften Lösung der Probleme zu. „Durch Verhandlungen lässt sich alles lösen“, zeigte sich Joel Lion überzeugt.

Durch seine lebhaft, an Beispielen reiche, humorvolle Vortragsart gelang es Lion, die Zuhörer immer wieder einzubinden und machte uns die Schwere und Tiefe des Konflikts sehr deutlich. Die anschließende Diskussion zeigte das rege Interesse der Schüler an diesem internationalen Konflikt. Vielfach war abschließend der Wunsch zu hören, doch auch mit einem Vertreter der Palästinenser sprechen zu können.

Julian Giessing, Klasse 13

Der Konflikt im Nahen Osten – Jeder hört davon, aber keiner kennt die näheren Zutaten

Joghurt, jeder kennt ihn, jeder hat ihn in seinem Kühlschrank, jeder sieht ihn im Supermarkt; man hört wie gesund, wie leicht, wie frisch er ist. Doch was weiß man wirklich über Joghurt? Wie wird er hergestellt, woraus besteht er, was verleiht ihm seine Eigenschaften? Was ist Joghurt?

Am Mittwoch, den 11. Januar 2006 von 16:00 bis 17:30 Uhr versuchte Joel Lion in recht überraschender Weise, den interessierten Schülerinnen und Schülern sowie Lehrern „die Zutaten zu diesem Joghurt“ etwas näher zu bringen. Joel Lion, Botschaftsrat der Israelischen Botschaft in Berlin, verstand es hervorragend, die jungen Zuhörer zu fesseln und sie hinzuweisen auf historische Meilensteine und unentdeckte Schätze des Nahen Ostens, die nicht tagtäglich in den Medien vorführt werden.

Wie mit dem Joghurt, so oder ähnlich verhält es sich auch mit dem Konflikt im Nahen Osten, so Lion. Jeder hört von ihm in den Medien, man hört von Anschlägen, Regelungen, Verträgen, Verhandlungen, aber keiner kennt die Zutaten. Keiner weiß warum dies und jenes passiert, warum Hass herrscht, warum Menschen sterben, Menschen sich bekriegen, Menschen sich nicht als Menschen, als Brüder, Nachbarn anerkennen.

„Ich bin ein Joghurtverkäufer, aber ich kenne auch die Zutaten!“ Der selbsternannte Joghurtverkäufer zeigte, neben der lebhaften Präsentation von Fakten, historischen Daten und Kritikpunkten, in einen Film – unterlegt mit moderner, israelischer Musik- die Schönheit der Strände, z.–B. in Haifa oder Tel Aviv. Die Schönheit der israelischen Moderne, technische Errungenschaften vom Antimückenvermehrungs-Spray bis hin zum ersten Handy. Die Schönheit des Lebens, die Märkte in Jerusalem, die Skyline von Tel Aviv und die Faszination des Intellekts – Israel ist u. a. einer der Staaten mit der höchsten Anzahl an Studienabschlüssen pro Kopf.

Bei so viel Schönheit und Schätzen stand aber der Konflikt zwischen Israel und den arabischen Ländern, die unschönen Kriege, Feindschaften und der Hass im Zentrum. Denn es wurde ja versucht die Zutaten dieses Nah-Ost- Konfliktes zu erläutern. Natürlich lassen sich nicht alle Faktoren kurz und bündig darstellen und natürlich kann man auf diesen Konflikt auch keine völlig objektive Perspektive einnehmen. Verständlicherweise ließ das Thema viele Fragen offen, sie werden wohl auch offen bleiben. Denn wie man die Differenzen zwischen den Kulturen überbrücken und die Schwierigkeiten, den Terror, den Hass überwinden kann, diese Frage ist nicht leicht zu klären. Wäre es so einfach, gäbe es im menschlichen Miteinander keine Probleme mehr, keinen Krieg, keinen Streit, keine Differenzen.

Aber es muss m.–E. im Endeffekt eine friedliche Lösung gefunden werden. Vor allem das Bestreben Jerusalem zu „besitzen“ ist bei allen drei Weltreligionen durchaus vorhanden, es ist die Heilige Stadt schlechthin, der Punkt an dem die drei Religionen kollidieren. Gerade hier muss ein Weg gefunden werden, es zu einem „Miteinander“ und nicht „Gegeneinander“ zu schaffen.

Die Menschheit muss dem Krieg ein Ende setzen, oder der Krieg setzt der Menschheit ein Ende.

John F. Kennedy

Eva Pusch