Mo, 07.09.2009

Besuch im English Theatre: Tennessee Williams’: „A Streetcar Named Desire“

Kurze Zeit nach Beginn des neuen Schuljahres geht nun auch die Theaterkultur des Hansenbergs in eine neue Runde. Mittlerweile traditionell gehören hierzu auch Fahrten in das English Theatre in Frankfurt. Dort wird interessante Theaterkunst nach englischer Tradition geboten – das heißt nicht nur, dass die englischen Ensembles auf Englisch spielen, auch einige Unterschiede im Charakter des Theaterspielens sind offensichtlich. So fällt gerade der Hang zur Dramatik auf der Bühne besonders auf.

Dieser Besuch führte die Hansenberger zur Aufführung von „A Streetcar Named Desire“ von Tennessee Williams, ein sehr dynamisches Stück, das in einem Außenbezirk von New Orleans spielt.Hier besucht die aus gutem Elternhaus stammende aber verarmte Blanche DuBois ihre Schwester Stella, die einem armen, ungehobelten Arbeiter, Stanley Korwalsky, verfallen ist und ihn vor allem wegen ihrer Beziehung auf sexueller Ebene heiratet. Ihr gemeinsames Leben spielt sich in dem düsteren Vorort ab, sie leben in einer finsteren Zwei-Zimmer-Wohnung. Stanley dominiert seine Frau: Er schlägt sie und beleidigt nach deren Ankunft Stellas Schwester, was der Beziehung zwar Krisen verschafft, ihre Verbundenheit aber nicht überstrapazieren kann. Doch die Handlung beschränkt sich nicht auf diese explosive Ausgangslage. Immer mehr Verwirrungen werden integriert und ein Chaos lässt sich kaum mehr vermeiden: Blanche verheimlicht den wahren Grund ihres Kommens. Sie erzählt, sie sei wegen schwacher Nerven von ihrer Tätigkeit als Lehrerin freigestellt. In Wahrheit allerdings hatte sie eine Affäre mit einem 17-jährigen Schüler, weswegen sie entlassen wurde. Ihren Ruf ruinierte sie zudem durch allzu oft wechselnde Affären, in denen sie die Liebe suchte, die sie sich so sehr wünscht. Stella hingegen verheimlicht ihre Schwangerschaft zunächst. Während sie später im Krankenhaus ihren Sohn zur Welt bringt, vergewaltigt Stanley Blanche. Blanche verliert sich auch deswegen in ihre Traumwelt voller Fantasien und Liebessehnsüchten. Von der Realität, die ihr so viele Schmerzen bereitete, wendet sie sich immer mehr ab.

Gerade diese Rolle, die hohe Anforderungen an den Schauspieler stellt, wurde von Tamara Scott gekonnt verkörpert. Das Schwanken zwischen Banalität des rohen Alltags und neurotischem Schwebezustand fesselt das Publikum. Die Betrachtung der gegenteiligen Lebensprinzipien von Stanley und Blanche bilden zudem grundlegend eine spannungsvolle Atmosphäre auf der Bühne, die immer wieder eskaliert. Die Möglichkeit eines glücklichen Endes wird hiermit schon früh zerstört. Dass sich am Ende Stanley gegen seine Gegenspielerin Blanche durchsetzen kann, muss allerdings viel weniger als moralischer Triumph der Rohheit und des Egoismus der modernen Gesellschaft über traditionellen Werten wie Anstand und Ehrgeiz verstanden werden, sondern vielmehr als gewaltsame Verdrängung.