Mi, 13.06.2007

Besuch des Nationalsozialismus-Zeitzeugen Mietek Pemper

Zwischen Tod und rettender „Liste“

Am 14.Juni 19 h versammelte sich der gesamte Jahrgang 11 am Internat Schloss Hansenberg in der Aula, um Mietek Pemper zu begegnen. Die mit vielfältiger Schülerhilfe von Niko Lamprecht organisierte und eingeführte Veranstaltung bildete eine Art Präludium für das Anfang 2008 geplante fachübergreifende NONO-Projekt, in dem „Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dem Thema Verantwortung begegnen werden.“ Pemper, mittlerweile 87jährig, war aus Augsburg angereist um über sein Leben und besonders seine Kriegserfahrungen im KZ Plaszow bei Krakau zu berichten. In diesem Lager verbrachte er schwierige Zeiten, in denen er am Morgen nicht wusste, ob er den Abend erleben würde – als eine Art „Sekretär“ des Kommandanten Amon Göth diente er einem völlig unberechenbaren und oft grundlos brutalen Herrn. Sein (eigentlich für jüdische KZ-Insassen gar nicht zulässiger) Übersetzungs- und Schreibdienst führte ihn sozusagen in den Vorhof der Hölle, aber er konnte (mit Glück und einigen Tricks) doch an der einen oder anderen Stelle helfen. So erstellte er mit seinen buchhalterischen Kenntnissen eine fingierte Produktionsliste, die 1944 half, eine Schließung von Plaszow zu verhindern. Als Alternative drohte nämlich Verlegung bzw. der sofortige Tod aller Insassen in Auschwitz!

Pemper beschrieb alle Vorgänge genauestens, seine leise Stimme zog die Schüler schnell in den Bann. Ihm ging es um Differenzierung – es gab bei den Deutschen z. B. nicht nur den brutalen „Teufel“ Göth, den es „zu überlisten“ galt, sondern auch einen jungen SS-Mann, der die Erschießung einer jüdischen Mutter verweigerte („Das kann ich nicht!“). Und es gab auch bei den Häftlingen Menschen, denen die schlimmen Umstände „moralisch das Genick brachen“.

Gegen Ende 1944 wurde Plaszow dann doch aufgelöst, etwa 1000 Häftlinge wurden aber von Oskar Schindler als „kriegswichtige“ Arbeiter gerettet. „Schindlers Liste“, an der Mietek Pemper seinen Anteil hatte, wurde durch Spielbergs Film weltberühmt.Die Schüler beteiligten sich gegen Ende engagiert, sie fragten u. a., was der Film für Pemper bedeutet hätte. Seine nachdenkliche Antwort war erstaunlich: „Ich glaube, der Film ist viel zu weich. Die Wirklichkeit war schlimmer. Der gezeigte Tod durch Kopfschüsse war nicht so schlimm wie das Sterben, wenn die Hunde zubissen.“

Für die Zukunft wünschte der Buchautor und Träger des „Carnegie-Gedenkpreises für Zivilcourage“ allen Schülern, das Thema von Hilfsbereitschaft und Verantwortung im Leben erfüllen zu können.Umrahmt wurde die Begegnung durch Klezmer-Klänge, gespielt von Anna Schrank (Klar.) und Stefanie Schick (Klavier).