Anne Neumann · 26. - 29.04.2017

Pilgern auf dem Jakobsweg in der Rhön

Von hohen Bergen, Plastiktüten und dem Heiligen Jakobus


Es ist 5:30 Uhr, als sich unsere kleine Gruppe, bepackt mit Rucksack, Regenjacke und Proviant, am 26.4. am Tor trifft, um mit Herrn Hoffmann zehn Minuten später den Bus an der Schlossheide zu erreichen. Gähnend machen wir es uns anschließend in der Bahn bequem, die uns Richtung Fulda bringt, wobei die meisten von uns von der Fahrt nur recht wenig zu sehen bekommen.

Umso ausgeschlafener starten wir gegen zehn im überschaubaren Welkers unsere dreitägige Pilgertour auf dem Jakobusweg durch die Rhön. Uns erwarten wunderschöne Wälder und breite Forstwege, genauso wie schmale Bergpfade, Hochebenen mit großartigen Aussichten und sogar ein Fast-Eintausender, prunkvolle bayrische Dorfkirchen und nette Wirtshäuser mit gastfreundlichen Wirtsleuten – sei es für eine Rast oder nur, um unsere Flaschen aufzufüllen. Und sogar das Wetter meint es gut mit uns: Abgesehen von ein paar Schneeflocken am zweiten Tag sind die Temperaturen angenehm und hin und wieder schaut auch die Sonne auf uns herab.

Die erste Etappe führt uns zunächst zu einer kleinen Kapelle, an der wir unsere Tour mit einem Lied und Gebet aus unserem am Vortag zusammengestellten Pilgerheft beginnen. Auf den folgenden ca. 80 Kilometern packen wir es immer wieder aus und besonders auf unserem letzten Stück geht die gute Laune dank „Eingeladen zum Fest des Glaubens“ und „Vergiss es nie“ nicht auf dem Weg verloren. Und so nutzen wir jede Kirche, um uns unseren wohlverdienten Pilgerstempel abzuholen und für ein paar Minuten zur Ruhe zu kommen. Für das letzte Stück des ersten Tages, das uns mit Blick auf die Wasserkuppe in die kleine Stadt Gersfeld führt, müssen wir den Jakobsweg verlassen und beziehen schließlich in einer kleinen Pension, die wir mit unseren müden Füßen auch für das Abendessen nicht mehr verlassen müssen (sehr pilgerfreundlich!), unsere Zimmer.

Blasenbilanz des Tages: im Schnitt zwei pro Person. Ob uns das vom Weiterlaufen abhält? Nein! Warum auch?

Krankheit ist da leider etwas anderes, weshalb wir am nächsten Morgen um zwei Personen reduziert unseren Pilgerweg fortsetzen. Und tatsächlich: Man kann auch ohne Schuhe wandern! Wenn die Füße sich nämlich aufgrund von Blasen weigern, in die Wanderschuhe zu steigen, eignen sich auch Socken und Gefrierbeutel – ein Glück, dass es nicht regnet!

Die heutige Etappe ist zwar kürzer, aber verlangt uns dafür einige Höhenmeter ab: Es geht hinauf auf den 928 m hohen Kreuzberg, selbst ein Wallfahrtsort und beliebtes Ausflugsziel. Auf dem Weg müssen wir aber doch nochmal die Handschuhe auspacken, als für kurze Zeit Schnee vom Himmel fällt. Oben angekommen, erwartet uns die Klostergaststätte des Franziskaner-Ordens mit einem deftigen Mittagessen und dem selbstgebrauten Bier. Als die Sonne wieder scheint, machen wir uns auf zum Gipfel, der der perfekte Ort für Lieder und Gebet ist. Von hier aus geht es zu unserem heutigen Schlafplatz, dem kleinen, aber feinen Neustädter Haus.

Blasenbilanz: Es sind kaum neue Blasen zu vermelden, allerdings zwei kaputte Knie.

Diese halten am nächsten Tag aber tapfere 15 Kilometer durch, bis nach Premich, wo unsere Gruppe erneut um zwei Pilger schrumpft. 35 Kilometer sind dann doch zu weit in Socken und Plastiktüten, wobei die gelaufene Strecke wirklich beachtlich ist!

Der „Rest“ pilgert weiter dem Ziel entgegen. Heute lacht die Sonne die gesamte Zeit über uns und erfreut sich unseres beachtlich schnellen Tempos. Selbst falsche Beschilderung, die das Ziel in (fälschlicherweise) greifbarer Nähe verspricht, entmutigen uns nicht und so wählen wir tapfer den längeren Weg nach Bad Kissingen, wo wir am Bahnhof auf die Vorgefahrenen und mit echtem Bad Kissinger Heilwasser Erfrischten treffen.

Manch einer mag erschrocken geschaut haben, als er die kleine Wandergruppe sah, die einander stützend und Plastiktüten-füßig den Zug nach Würzburg bestieg, aber wir blickten zufrieden auf drei wunderschöne Tage mit dem ein oder anderen Abenteuer zurück.