Anne Neumann · 01. - 06.05.2017

Biologie und Medizin - Einblicke

Im Rahmen des von Frau Reichling und Frau Funke betreuten Q+-Projekts fuhren wir als eine Gruppe von zwölf Schülern nach München. Die tatkräftige Unterstützung einiger Alumni ermöglichte uns viele Programmpunkte an Universitäten und andere Aktivitäten wie eine Stadtführung etc.

Von der Alumna Lisa Dick organisiert, erhielten wir gleich am Tag unserer Ankunft durch Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Kipp in der Anatomischen Anstalt der LMU einen Einblick in die Welt des Gehirns. In einer Präsentation zeigte er uns mit anschaulichen Beispielen die Anatomie und Funktionsweise eines unserer zwei wichtigsten Organe. Bevor wir uns schließlich ein echtes Gehirn anschauen und untersuchen durften, gingen wir noch auf verschiedene Erforschungsmethoden wie MRT, EEG und die Untersuchung von Läsionen ein. Abschließend betrachteten wir in der Histologie das Gehirn auf mikroskopischer Ebene. Im Anschluss besuchten wir die anatomische Sammlung: Ein altehrwürdiges Gebäude aus hellem Stein mit einer Kuppel steht stolz hinter einem Tor mit Messingschild, das die Aufschrift „Anatomische Anstalt“ trägt. Es beherbergt Hörsäle, Präpariersäle, den modernen Histologiesaal und die anatomische Sammlung – kurz: das Gebäude ist das Zuhause aller Medizinstudenten, die sich gerade mit dem Präparieren von Leichen und dem Aufbau unseres Körpers auf Makro- und Mikroebene beschäftigen.

In der anatomischen Sammlung kann jeder sich den menschlichen und tierischen Körper genauer anschauen – sei es das Skelett, der Finger oder das Herz. Hier wurden seit über 100 Jahren auf 342m2 mehr als 2000 Präparate gesammelt, zu denen uns Lisa Dick einen kleinen Einblick gab.

Zu sehen gibt es viel: die verschiedenen Entwicklungsstadien eines Menschen, Gehirne verschiedener Lebewesen im Vergleich, Embryos mit offenen Rücken, Modelle und Originalpräparate von sämtlichen Körperteilen, pathologische Gewebe, ...

Die meisten Präparate stammen aus dem Zweiten Weltkrieg und auch heute noch muss sich die anatomische Anstalt mit den ethischen Konflikten, die mit einer solchen öffentlichen Sammlung in Verbindung stehen, auseinandersetzen – immerhin sind hier tote Menschen ausgestellt.

Für Interessierte ist die Sammlung dennoch ein unglaublich spannender Ort und auch wir wanderten staunend von Vitrine zu Vitrine, erfuhren dabei von Lisa einiges über die anatomischen Hintergründe (immerhin hat sie die 500 Seiten des Anatomieatlasses, die am Anfang des Studiums zu lernen sind, schon hinter sich) und nutzten die Zeit, um ihr Fragen über das Medizinstudium und das Leben in München zu stellen.
Am folgenden Tag besuchten wir das Deutsche Museum. Dort erhielten wir durch den Mitarbeiter Michael Zengel im gläsernen Labor einen Kurs in gentechnischem Arbeiten, in dem wir ein Gen in ein Plasmid einbauten. Nach einer Einführung in die Gentechnik und das Arbeiten im Labor stellten wir den Restriktionsansatz, Pufferlösungen sowie den Ligationsansatz selbst her, um anschließend unser Resultat mithilfe einer Gelelektrophorese zu überprüfen. Im Folgenden hatten wir die Möglichkeit, die Ausstellungen des Deutschen Museums zu betrachten.
Den Abend verbrachten wir gemeinsam mit vielen Alumni der Internatsschule Schloss Hansenberg, die in München studieren oder arbeiten.
„Wie kann ich herausfinden, ob mein Nervensystem noch so funktioniert, wie es sollte?“ Diese Frage hat uns Prof. Kröger am Donnerstag an der LMU Martinsried anschaulich beantwortet. Dies wird mit Hilfe evozierter Potenziale nachgewiesen. Unter einem evozierten Potential versteht man eine gezielte Stimulierung bestimmter Gehirnregionen durch (elektrische) Reize. In unserem konkreten Fall haben wird den Nervus Medianus mithilfe von Stromschlägen geringer Stromstärke stimuliert, und dabei mittels auf dem Kopf angebrachter Elektroden die Hirnaktivität bestimmter Hirnareale gemessen. Dies beruht darauf, dass die Weiterleitung der Reize elektrisch abläuft. Aufgrund der Aktionspotenziale kommt es zu einer Ladungsverschiebung im extrazellulären Raum, das dabei entstehende elektrische Feld kann mithilfe von Elektroden auch nicht-invasiv außerhalb der Schädeldecke gemessen werden. Da unsere Messung erfolgreich verlief, konnten wir die Funktionsfähigkeit des Nervensystems bei unserer Versuchsperson bestätigen. Möchte man nun nicht nur die Aktivität bestimmter Hirnareale, sondern das gesamte Gehirn untersuchen, kann man ein Elektroenzephalogramm, kurz EEG, verwenden. Dabei werden mehrere Elektroden auf der Kopfhaut angebracht, die den Potenzialunterschied und somit die Aktivität dieser Gehirnregionen messen. Aus dem EEG kann man somit verschiede Bewusstseinsunterschiede unterschieden. Sehr große Frequenzen weisen auf einen angespannten und wachen Zustand der Person hin, niedrige auf Entspannung bis Tiefschlaf. Diesen Unterschied konnten wir auch bei unserer Versuchsperson (Natalie und Jonathan) beobachten. Wenn sie die Augen geöffnet hatte, ließ sich ein sog. beta-Rhythmus erkennen, bei geschlossenen Augen und tiefer Atmung ein sog. alpha-Rhythmus. Neben vielen fachlichen Eindrücken konnte Prof. Kröger uns auch einen guten Einblick in seine beruflichen Erfahrungen, insbesondere mit Hinblick auf das Medizinstudium, geben.
Am Nachmittag des dritten Tages unseres Aufenthalts in München hörten wir zusätzlich einen Vortrag des Alumnus Philipp Hertling über „Ernährungsbedingte Zivilisationskrankheiten“.

Er begann seinen Vortag damit, dass der Krankheitsanstieg immer rasanter ansteige und währenddessen die Lebenserwartung immer weiter zunehme. Eine erhöhte Lebenserwartung klinge zwar primär positiv, doch in Verbindung mit immer mehr erkrankten Menschen, bedeute dies nur, dass die Leidens- und Krankheitszeit länger werde. Die Symptombekämpfung sei sehr weit fortgeschritten und effizient, doch gleichzeitig werde die Ursachenforschung zu sehr vernachlässigt. In vielen Fällen sei die Ernährung die Ursache von schweren Erkrankungen, die sich erst nach einigen Jahrzehnten zeigen und nicht mehr reversibel sind. Zu ernährungsbedingten Krankheiten können Stoffwechselkrankheiten, Verdauungserkrankungen, Gefäßerkrankungen, Krebs etc. zählen. Der Grund dafür, dass Krankheiten, die auf eine falsche Ernährung zurückzuführen sind, stark zunehmen, liege an vitalstoffarmer Zivilisationskost. Weil fast das gesamte Nahrungsangebot heutzutage fabrikatorisch verarbeitet werde und dabei große Teile der Vitalstoffe verloren gehen, leide die Gesellschaft heute an einem extremen Vitalstoffmangel. Es sei also nicht die Menge, die die ausgewogene und gesunde Ernährung ausmache, sondern die Qualität. Genau deshalb vertritt die Gesellschaft für Gesundheitsberatung die Maxime „Lasst die Nahrung so natürlich wie möglich“.

Den Abend verbrachten wir als „Dr. House“-Abend: Anhand von zwei Folgen der Serie „Dr. House“, die von den verschiedenen Fällen eines amerikanischen Spezialisten für Diagnostik handelten, lernten wir durch die Alumni Emanuel und Andrea einige Symptome und Krankheiten, wie zum Beispiel eine TVT (tiefe Venenthrombose), kennen. Mit Brezeln, Chips und den passenden Dips analysierten wir gemeinsam die Richtigkeit der Schlussfolgerungen der Ärzte, wobei wir ebenfalls eigenständig Thesen aufstellten.
Anne Neumann

Nachdem der Freitag der Heimreise gewidmet wurde, bekamen wir zu Beginn unseres letzten Projekttages am Samstag eine Einführung in den Aufbau und die Funktionen des Herzens. Im Anschluss erhielten wir alle ein Schweineherz, welches wir nach der Beschreibung der Alumni Alex und Emanuel, Medizinstudenten in Würzburg und München, aufschneiden und so wichtige Strukturen freilegen konnten. Außerdem lernten wir das Nähen von Wundrändern anhand verschiedener Techniken (z.B. Donati-Naht).

Insgesamt kann festgehalten werde, dass dieses Projekt nicht nur für angehende Medizinstudenten eine Bereicherung war, sondern auch allen anderen naturwissenschaftlich Interessierten einen tollen, tiefgründigen Einblick in die Forschung, die Münchner Universität und das naturwissenschaftliche Arbeiten gegeben hat.