Maria Störmer · 08.10. - 06.11.2022

Großbritannien

Vor meinem Flug nach London saß ich noch nie in einem Flugzeug. Ich hatte keine Ahnung, wie überhaupt das ganze Procedere am Flughafen abläuft. Immerhin ging mein Koffer zu – aber hatte ich alles dabei? Mit dieser Hoffnung und stolzen zwei Stunden Schlaf ging es für mich am Samstagmorgen mit meinen Eltern zum Frankfurter Flughafen. Nachdem ich mich beim Security-Check von meinen Eltern verabschiedet hatte, begann auch direkt die große Reise: vier Wochen in ein unbekanntes Land!

Da ich während dieser Zeit in einem Airbnb statt bei einer Gastfamilie lebte, hatte ich niemanden, der mich vom Flughafen abholt. Aber egal – wird schon irgendwie. Die Fahrkartenbeschaffung ging schneller als gedacht und dann machte ich mich mit meinem Gepäck auf den Weg. Nachdem mein letzter Zug plötzlich in eine andere Richtung fuhr, als mir online angezeigt wurde und mich mein Online-Fahrplan schließlich komplett im Stich ließ, entschied ich mich dazu, die letzte Stunde zu laufen. Nachdem ich irgendwann endlich angekommen war, stand auch direkt der erste große Einkauf an – schließlich hatte ich noch nichts zum Essen vor Ort und am nächsten Tag war Sonntag.

Nachdem ich das erste Wochenende erfolgreich überlebt hatte, begann am Montag direkt meine erste Arbeitswoche. Wie man es von ersten Tagen gewohnt ist, begann alles im Chaos. Der Bus, den ich nehmen wollte, kam nicht und mit allen weiteren Bussen wäre ich definitiv zu spät gekommen. Da ich das (besonders an meinem ersten Tag!) unbedingt vermeiden wollte, entschied ich mich dazu den Weg zu laufen – oder besser: zu rennen! Für die Strecke, die ich während meines restlichen Praktikums fast jeden Tag gemütlich in etwas mehr als einer Stunde gelaufen bin, hatte ich jetzt nicht einmal 45 Minuten. Aber da ich nicht wirklich eine andere Wahl hatte, lief ich los. Tatsächlich kam ich nur ein paar Minuten zu spät an der Trinity School an und alle meine neuen Kollegen waren sehr locker und verständnisvoll.

Doch was genau ist das Besondere an der Trinity School? 1596 erhielt der Erzbischof John Whitgift von Königin Elizabeth I. die Erlaubnis, in Croydon eine Stiftung zu gründen, die Bildung für junge Menschen bietet. Die dadurch gegründete Whitgift Middle School in Croydon wurde 1954 in „Trinity School of John Whitgift“ umbenannt. Ein großer Teilbereich der Trinity School ist die Musik. Neben dem Unterrichtsfach besteht die Möglichkeit, verschiedenste Orchesterinstrumente zu erlernen oder auch Gesangsunterricht zu nehmen. Anknüpfend daran kann man dem Chor und/oder zahlreichen Ensembles wie beispielsweise dem Orchester oder der BigBand beitreten und letztendlich auf vielen Bühnen auftreten, auf Tour gehen oder bei Studioaufnahmen von diversen KünstlerInnen involviert sein.

Zwei Wochen meines Praktikums fanden während der Schulzeit statt, die anderen beiden während der Ferien. Während der Schulzeit konnte ich viele unterschiedliche Kurse im Musikunterricht erleben. Ich half den jüngeren SchülerInnen bei der Musiktheorie und gab den etwas älteren Feedback zu ihren Kompositionen. Doch der reine Musikunterricht umfasst bei Weitem nicht das ganze musikalische Angebot! Ich bekam die Möglichkeit, in zahlreichen Ensembles selbst Klarinette zu spielen und ebenfalls Einblicke in den Einzelunterricht zu gewinnen. Zudem konnte ich bei Choraufnahmen für die Songs „You’ll Never Walk Alone“ und „Lean On Me“ von JJ Heller sowie „Butterfly Net“ von Caroline Polachek im Studio assistieren. Allerdings ist Musik an der Trinity School nicht nur was für das stille Kämmerlein – ich durfte zahlreiche Konzerte, beispielsweise im Mansion House in Präsenz von Prinzessin Anne oder in der Glyndebourne Opera, erleben. In den Ferien war ich in der Verwaltung tätig. Auch wenn „Noten sortieren“, „Chorroben ordnen“ und „Daten digitalisieren und überprüfen“ vielleicht erst einmal nach langweiligeren Tätigkeiten klingen – ich fand es sehr entspannend zwischen all den neuen Eindrücken auch mal etwas Stupideres erledigen zu können. Zudem war ich sehr glücklich darüber, zu sehen, wie sehr sich meine ganzen Kollegen darüber gefreut haben, dass all diese Dinge, für die ansonsten niemand Zeit hat, endlich einmal erledigt wurden. Ich durfte ebenfalls für die bevorstehende Deutschlandtour des Trinity Boys Choirs viele Restaurants auswählen und reservieren sowie Telefonate mit den Hotels führen. Da der Chor auch in Zukunft noch des Öfteren in Deutschland unterwegs sein wird, ist das eine Aufgabe, die ich nach meinem Praktikum weiterführen kann und ich bin begeistert, auf diese Weise weiterhin mit meinen Kollegen aus der Trinity School in Kontakt zu bleiben.

An den Wochenenden hatte ich ausreichend Zeit für Sightseeing. Bereits seit meiner Präsentation über das London Eye in der sechsten Klasse wollte ich irgendwann einmal mit selbigem fahren – nun war es endlich soweit und ich konnte den allerersten Punkt meiner Bucket List erfüllen! Abgesehen davon war ich auch an vielen andere Orte wie zum Beispiel dem Buckingham Palace, dem Big Ben oder dem Tower of London.

Natürlich gingen diese vier Wochen viel zu schnell vorbei, aber da ich weiterhin in Kontakt mit meinen Kollegen stehe, machte das den Abschied deutlich leichter. Bei meiner Abreise hat mich der ÖPNV diesmal zum Glück nicht im Stich gelassen und nach meiner Landung am Frankfurter Flughafen lief ich meinen Eltern strahlend entgegen!