Lara Kaiser · 05.10. - 06.11.2009

Spanien

Sie haben ein Upgrade für die Business Class erhalten“, begrüßte mich eine Lufthansamitarbeiterin am Durchgang zum Flugzeug mit Ziel Barcelona und lieferte damit einen großartigen Start in eine wundervolle Praktikumszeit. So konnte ich den zweistündigen Flug mit oktoberfestlich gestaltetem Essen und jeder Menge Beinfreiheit in Richtung der südlich der Pyrenäen liegenden Stadt am Mittelmeer entspannt genießen.

Meine Gastfamilie war super, auch wenn ich von meinem dänischen Gastvater leider nicht so viel hatte – dieser flog noch in meiner ersten Woche geschäftlich in die USA. Meine Gastmutter war eine echte und stolze Barcelonesin, mein Gastbruder bereits Student und deshalb wenig zu Hause, und meine Gastschwester mit den für Spanier eher untypischen blonden Haaren (lag wohl an den dänischen Wurzeln) nur ein bisschen jünger als ich.

Das erste Wochenende verbrachten wir nördlich von Barcelona nahe Lloret del Mar, sonnenbadend am Strand, bei etwa 27 Grad Außentemperatur. Und das im Oktober – wunderbar! Im Laufe der Zeit unternahmen wir vor allem an den Wochenenden viele Ausflüge: Wir besichtigten kleine Städtchen nahe der französischen Grenze, besuchten Museen und bestaunten die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Barcelonas wie die einst von Gaudí entworfene „Casa Milà“ und die Kirche „Sagrada Família“, das berühmte und beeindruckende Fußballstadion „Camp Nou“ oder den modernen Hafen. Abends war ich dann mit meiner Gastschwester unterwegs: Sie ermöglichte mir einen tollen Einblick in das Leben und Verhalten der spanischen Jugend.

Als „Berufstätige“ bei der Deutschen Lufthansa verbrachte ich acht Stunden täglich während der Woche am Flughafen Barcelonas. Schwierigkeiten bereitete mir dabei die lange Anfahrt: täglich fuhr ich etwa eineinhalb Stunden mit Bus und Bahn dorthin. Wegen der frühen Stunde überbrückte ich die Zeit meist vor mich hin dösend und musikhörend.

Die Arbeit am Flughafen bereitete mir großen Spaß: Hauptsächlich wurde ich dort im Check-In Bereich eingesetzt, das hieß vor allem die Lufthansa-Kunden an den modernen Automaten zu unterstützen, und das in verschiedensten Sprachen (Spanisch, Englisch, Deutsch). Auch durfte ich am Schalter sitzen und das Gepäck der Fluggäste entgegennehmen, Kindern, welche als „UM“ („Unaccompanied Minors“, also Alleinreisende) flogen, den Weg zum Flugzeug weisen oder beim Boarding am Flugsteig aushelfen. Jeweils zwei Tage verbrachte ich außerdem am Ticket-Schalter und auf dem Rollfeld. Aushelfen konnte ich dort nicht annähernd so viel, allerdings hat mich vor allem die Arbeit auf dem Rollfeld, den großen Flugzeugen so nahe, stark beeindruckt: Ich durfte in den Gepäckraum der Maschine steigen, den Reinigungsablauf in der Kabine beobachten und mir von zwei freundlichen deutschen Piloten das Cockpit genauer erklären lassen.

Etwas schwierig war für mich zunächst die Umstellung auf den „spanischen“ Tagesrhythmus: Wenn ich abends nach einem anstrengenden Arbeitstag und einer anschließenden Stadtbesichtigung (welche ich zumeist am Abend vorher per Reiseführer und U-Bahn-Karte geplant hatte) ziemlich müde nach Hause kam, waren die anderen Familienmitglieder oft noch nicht eingetroffen. Und da meine Gastmutter darauf zu bestehen schien, jeden Abend eine warme Mahlzeit aufzutischen, nahmen wir diese meist erst zwischen zehn und elf Uhr abends im Wohnzimmer vor dem laufenden Fernseher zu uns. So schlief ich gelegentlich noch vor dem Abendessen, um am nächsten Morgen nicht vollkommen übermüdet in den neuen Arbeitstag zu starten.

Mein Betriebspraktikum war, so kann ich im Nachhinein sagen, ein voller Erfolg. Dank des großen Glücks, solch eine nette Gastfamilie und eine abwechslungsreiche Beschäftigung bei der Lufthansa gehabt zu haben, verging die Zeit in einer Stadt, in die ich mich von Anfang an verliebt hatte, wie im Flug. So fiel mir der Abschied nach vier Wochen Praktikumszeit von meiner Gastfamilie und noch am Flugsteig von meinen Arbeitskollegen umso schwerer. Da waren anfängliche Verständigungsschwierigkeiten aufgrund des fließenden Übergangs der Barcelonesen vom Spanischen in den katalonischen Dialekt oder der lange Anfahrtsweg zum Flughafen längst vergessen.