Mi, 14.03.2007

Standort Deutschland – zukunftsfähig?- Wirtschaftsweise Prof. Dr. Beatrice Weder di Mauro zu Gast beim IHK-Workshop „Managementpraxis“

„Die ‚good news’ zuerst: Die Lokomotive Deutschland kommt wieder in Fahrt, es herrscht konjunkturelle Hochstimmung“, berichtet die schlagkräftige blonde Dame im schwarzen Hosenanzug ihrem Schülerpublikum. Prof. Dr. Beatrice Weder di Mauro ist ein Höhepunkt der IHK-Workshopreihe „Managementpraxis“ unter Leitung von unserer stellvertretenden Schulleiterin Rita Maier und Herrn Günter Higelin. An diesem 15. 03. 2007 referiert die VWL-Professorin zunächst über die Zukunftsfrage der deutschen Wirtschaft, um im anschließenden Kolloquium Ratschläge zur Berufswahl der jugendlichen Zuhörerschaft zu geben.

Als Mitglied des Sachverständigenrats ist es ihre Aufgabe, die deutsche Volkswirtschaft zu begutachten und der Bundesregierung Empfehlungen abzugeben. Den Standort Deutschland erachtet sie in diesem Zusammenhang zwar als zukunftsfähig, das „globale Ungleichgewicht“ sollte man jedoch kritisch bewerten, welches die Mainzer Makroökonomin faktengewaltig darstellt: In Staaten wie den USA ist der Konsum größer als die Produktion, was mehr Import erfordert – Deutschland als Exportweltmeister kann das nur gelegen sein. Auf der anderen Seite hingegen meint das einen „zu hohen Konsum“ der heutigen Generation mitsamt Staat; daraus resultiert eine wachsende Gesamtverschuldung der Bundesrepublik von derzeit 70 % des BIP – erlaubt von Seiten Maastrichts sind lediglich 60 %. Wachstum ist nach Ansicht der vielsprachigen Karrierefrau überhaupt der wichtigste Aspekt der ‚bad news’, wie sie die realistische Lageanalyse tituliert. Neben demographischem Wandel richtet Weder di Mauro das Augenmerk auf die Zuwachsraten des realen Bruttoinlandsprodukts, aus deren Vergleich klar wird, dass Deutschland im internationalen Vergleich erschreckend „hinterher hinkt“ (Chinas Zuwachsrate des realen BIP liegt bei durchschnittlich 9,7 %, während Deutschland mit 1,31 % im Mittel aufwarten kann). Diese Lasten würden nach Ansicht Weder di Mauros weitergegeben, denn die Faktormärkte seien hierzulande eher auf Erhaltung statt auf Innovation ausgerichtet.

Wie aber diese problematische Situation lösen? Veränderung muss her – Prof. Weder di Mauro nennt „intergenerative Umverteilung“ als Schlüsselbegriff. Konkret meint das weniger Staat, mehr Eigenbeteiligung und vor allem Flexibilität in allen Bereichen, sei es im Steuersystem oder auf dem Arbeitsmarkt, wo eine Orientierung an globalen Standards eine höhere Beschäftigung und damit mehr Wohlstand erbringen würde. Besonders für Frauen gelte es, zielbewusster und flexibler zu werden; eine zeitweise Verabschiedung vom Arbeitsmarkt sei da der „Karrierekiller par excellence“. Stattdessen empfiehlt die Wirtschaftsweise viele Reisen und das Lernen ebenso vieler Sprachen. Die gebürtige Schweizerin, die in Guatemala aufwuchs und nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre sogleich beim IWF zur gefragten Fachfrau avancierte, macht es vor. Als Wissenschaftler nämlich sei man überaus flexibel, ein „selbstständiger Unternehmer“, sodass dieser Weg es Frauen perfekt ermögliche, Familie und Beruf zu vereinen.

Nicht nur für weibliche Bürger solle man Chancen erhöhen, sondern insbesondere für die zukünftige Generation. Man müsse, so Prof. Weder di Mauro, den „jungen Leuten“ zeigen, welche Verantwortung auf ihnen liegt; so sei Deutschland in vielen internationalen Gremien kaum bis gar nicht vertreten, da der „Nachschub“ an qualifizierten, jungen Leistungskräften fehle. „Übernehmen Sie daher die Verantwortung“, riet uns die einzige Frau im Sachverständigenrat, „besonders in der Politik. Es gibt noch viel zu tun.“