27. - 28.11.2008

Die Theater-AG der ISH gibt von Tom Stoppard Rosenkranz und Güldenstern sind tot

Jedes Theaterstück hat seinen Helden. Manche fiktiven Protagonisten aus Theaterklassikern sind zu allseits bekannten Charakteren aufgestiegen. Wer aber kümmert sich da noch um die Randfiguren der Geschichten? Dabei sind gerade diese oftmals erst das Salz in der Suppe und haben ihre ganz eigenen Geschichten zu erzählen.

Das hat sich wohl auch Tom Stoppard gedacht, als er 1966 das Theaterstück Rosenkranz und Güldenstern sind tot verfasste. Kurzerhand würdigte er die beiden Freunde Hamlets aus dem gleichnamigen Klassiker von Shakespeare mit einem eigenen Theaterstück.

Heraus kam ein konfus geniales Theaterstück, das seine Rechtfertigung vor allem in der Fantasie Stoppards findet, mit der er die Handlung Hamlets aus Sicht der beiden Protagonisten schildert und mit der er diese bei ihren philosophischen Hypothesen und rhetorischen Duellen ausstattet.

Hauptsächlich besteht der Verlauf des Stücks aus dem Sinnieren der beiden ungleichen Freunde über den Sinn ihres Daseins und den Tod, so zum Beispiel auch über die Frage, was wohl ein angenehmerer Zustand sei: Das Todsein in einem Sarg oder darin lebendig gefangen zu sein. Was hier durch die leichten und teilweise trivialen Dialoge thematisiert wird, schafft zunächst einmal Anstrengung für die Lachmuskeln, gerade der sehr simpel gestrickte Rosenkranz hilft hierbei kräftig mit. Aber spätestens beim zweiten Überlegen eröffnet sich der tiefere Sinn dieser wahrhaft philosophischen Denkspiele, die gerade Güldenstern beschäftigen. Sympathisch macht Rosenkranz und Güldenstern vor allem die Tatsache, dass sie in vielerlei Hinsicht ahnungslos wirken und nicht einmal ihre eigenen Namen auseinander halten können.

Doch nicht nur Rosenkranz und Güldenstern werden auf ihren Wegen begleitet.

Auch eine Gruppe Wanderschauspieler steht im Fokus, die Rosenkranz und Güldenstern bis zum Königshof und Prinz Hamlet hin folgen, dessen wundersame Verwandlung die beiden im Auftrag des Königs, Hamlets Onkel, ergründen sollen. Komisch wird es, als die Wanderschauspieler Rosenkranz und Güldenstern deren eigene Geschichte vorspielen und auf Wunsch Hamlets hin die Ermordung seines Vaters durch seinen Onkel am Hof nachstellen, woraufhin König Claudius, der Onkel, Hamlet mitsamt den Tragöden nach England schickt. Er betraut Rosenkranz und Güldenstern, die die Gruppe begleiten sollen, mit einem Brief, der den englischen König anweist, Hamlet nach seiner Ankunft hinrichten zu lassen. Dieser tauscht allerdings den Brief durch eine Kopie aus, die den schwarzen Peter der Opferrolle Rosenkranz und Güldenstern zuschiebt. Dies besiegelt ihr Todesurteil.

Nun erreichte dieses interessante Theaterstück also auch die Bühne des Hansenbergs und wurde von einer Theatergruppe unter bewährter Führung von Herrn Dr. Müller aufgeführt. Die Inszenierung hätte wünschenswerter kaum glücken können, da sie sowohl die Intentionen des Autors an das Publikum transportieren konnte und trotzdem eigenen Kompositionen der Gruppe einen gut abgewägten Platz ließ. Ian Gierczak als Rosenkranz und Simon Geißen als Güldenstern schafften es als eingespieltes Duo der Theatergruppe, ihre Pendants symbiotisch zu ergänzen und so den zentralen Lebens- und Todesfragen, über die sie philosophierten, einen ironischen und doch ernsten Klang zu geben. Ihr rhetorisches Duell, das sie, sich gegenseitig belauernd, im dynamischen Stil eines Boxkampfes mit Rhetorik als rechten Harken bestritten, belustigte das Publikum und lockerte die langen Dialoge blitzschnell auf. Neben dieser Eigenkreation, begeisterte auch das süffisante Verfolgen des Handlungsstrangs von Hamlet, den die Ahnungslosigkeit der Protagonisten über das eigentliche Vorgehen urkomisch machte. Malte Probst als Anführer der wandernden Spielmänner überzeugte durch seine absolute Hingabe zum Ausdruck, mit dem er seiner Rolle mehr als überzeugend Leben einhauchte. Weiter besetzten Christian Kuntz und Lea Pfeiffer die Rollen des Königs Claudius und der Königin Gertrude. Sie hinterließen einen autoritär majestätischen Eindruck. Philipp Valentin als Prinz Hamlet verkörperte den schwermütigen Charakter genauso, wie auch aus seinem Gesicht am deutlichsten ein wenig Shakespeare strahlte, als er die Worte „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“ aussprach. Polonius, der den Berater des Königs gab, litt unter dem mangelnden Respekt seiner Mitmenschen, worüber sich das Publikum vor allem deswegen, weil Jens Albrecht ihn auf der Bühne hervorragend darstellte besonders erquicken konnte. Die Geliebte Hamlets, gespielt von Felicitas Lindner, und Daniel Merten als Wache/Laertes rundeten die Vorstellung wunderbar ab und waren gerade für die Kopplung an die Handlung von Hamlet essentiell. Die Tragöden (Jonas Hou, Jan-Gunther Gosselke, Roger de Belsuce, Marcel Kahl) mit ihrem Vorzeigobjekt Alfred (Johannes Lindenberg) begeisterten vor allem durch ihre artistische Leistung, die dem ganzen Stück eine Grunddynamik einflößte, die ihm sehr gut tat. Wieder einmal schaffte es eine Theatergruppe, das Publikum in Bann zu ziehen und dank einer gewohnt treffsicheren Auswahl dieses Theaterstücks, dieses zu begeistern.

Insgesamt lässt sich von einer Vorstellung eines herrlich konfusen Verwirrspiels reden, bei dem man über den Tiefsinn erst lachen konnte und später nachdenken musste.