Mo, 17.07.2023

Rezension der "Hexenjagd"-Aufführung am Hansenberg

„Hexenjagd“ wurde 1953 uraufgeführt und gehört zu den bekanntesten Werken des amerikanischen Dramatikers Arthur Miller. Das Stück spielt im Jahr 1692 in Salem, Massachusetts, während der berüchtigten Hexenprozesse. Es basiert teilweise auf historischen Ereignissen, bei denen zahlreiche Menschen fälschlicherweise der Hexerei beschuldigt und zum Tode verurteilt wurden. Behandelt werden Themen wie Manipulation, Vorurteile, Angst, Schuld und die Zerstörung von Gemeinschaften durch Misstrauen und Verrat. Es hat im Laufe der Jahre zahlreiche Inszenierungen und Verfilmungen erfahren und verdient es schon längst, als Klassiker des modernen Theaters bezeichnet zu werden.

Bei der Inangriffnahme eines solch anspruchsvollen und vor allem ausdrucksstarken Stückes durch Jugendliche war ein gewisses Risiko natürlich vorprogrammiert – umso begeisterter war das Publikum von dem Endergebnis.

Die Schüler*innen haben es geschafft, dieses zeitlose Meisterwerk mit einer Intensität und Reife auf die Bühne zu bringen, die einem professionellen Theaterensemble in nichts nachsteht. Von der ersten bis zur letzten Sekunde zog mich die Inszenierung derart in ihren Bann, dass ich beinah vergaß, meiner Pflicht des Notizenmachens nachzukommen, und beim spektakulären Höhepunkt am Ende des Stückes, der hochemotionalen Gerichtsszene und schließlich der Selbstaufgabe John Proctors, habe ich sogar die ein oder andere Träne verdrückt.

Meisterhaft gelang es den Darsteller*innen, trotz (oder vielleicht gerade wegen) der minimalistischen Bühnengestaltung und Requisitenzahl eine mystisch-dunkle, fast schon verfluchte Atmosphäre zu erschaffen, und während sich die Situation in Salem immer weiter zuspitzt und die Handlung langsam ins Rollen kommt, bleibt dem Publikum kaum eine Pause von all der Spannung vergönnt.

Unangenehm, aber sicher aus voller Absicht machen sich Unbehagen und ein Gefühl der Ungerechtigkeit breit, als selbst lammfromme und altruistische Menschen wie Rebecca Nurse (Wiebke Keil) ins Visier der Hexenjäger geraten, und von dieser Stimmung werden wir als Publikum bis zum Ende nicht erlöst.

Die Interpretation aller Charaktere war absolut beeindruckend. Jeder Darsteller und jede Darstellerin schaffte es, die Tiefe und Komplexität seiner/ihrer Figur eindrucksvoll zu vermitteln, und nicht nur bei manchen stellte sich mir die Frage, ob anstelle des Hansenbergs nicht eine professionelle Schauspielausbildung die richtige Wahl gewesen wäre. 

Insbesondere gefiel die Herausarbeitung der charakterlichen Gegensätze, wie etwa zwischen dem herrischen, impulsiven John Proctor (Esad Dalmis) und der kindlich-naiven, aber trotzigen Mary Warren (Cora Differenz), oder auch zwischen der leidenschaftlichen, später fast wahnsinnigen Abigail Williams (Benita Bender) und dem besonnenen Pastor Hale (Ben Michel). Auch an humorvollen Elementen mangelte es nicht, dafür sorgte beispielsweise der dümmliche Tölpel Giles Corey (Tillmann Bock) oder die alte, verschüchterte Tituba (Jannis Averdung).

Der Handlungsstrang der beiden um John Proctor rivalisierenden Frauen, seiner Gattin Elizabeth (Lara Freitag) und seiner ehemaligen Affäre Abigail, verleiht der Handlung den letzten Schliff.

Auch die atmosphärische Gestaltung der Hexenprozesse war äußerst gelungen. Die Gruppendynamik und die allgegenwärtige Paranoia wurden meisterhaft vermittelt. Man konnte förmlich den Druck und die Angst spüren, die die Figuren erfassten. 

Ein besonderes Lob gebührt auch der Regie und dem Bühnenteam. Die Licht- und Tonsetzung war exzellent und trug dazu bei, die Stimmung der einzelnen Szenen zu verstärken. 

Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass diese Schultheateraufführung von "Hexenjagd" eine absolute Offenbarung war. Die Schülerinnen und Schüler haben bewiesen, dass sie nicht nur talentierte Schauspieler sind, sondern auch ein tiefes Verständnis für die Thematik und die subtilen Nuancen des Stücks haben. Ihre Leidenschaft und ihr Engagement waren in jeder Sekunde spürbar.

Hannah Hackethal