Shakespeare-Kenner steht den 13. Klassen des Hansenbergs Rede und Antwort
Sie ist eine der bekanntesten und meistaufgeführten Tragödien William Shakespeares: „The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark“. So markante Zitate wie „Something is rotten in the state of Denmark“ und die altbekannte Frage „To be, or not to be: that is the question“ sind unverrückbar mit dem Dänischen Prinzen verbunden. Was jedoch andere Aspekte betrifft, beispielsweise dessen Tod angeht, sind sich unterschiedliche Editoren alles andere als einig. Entweicht Hamlet bei dem einen mit seinem letzten Atemzug “Farewel Horatio, heaven receive my soule. Ham. dies.”, endet sein Leben bei einem anderen mit den Worten „The rest is silence. O,o,o,o. Dyes” oder als dritte Variante ohne „O,o,o,o“; schlicht und ergreifend mit dem Wort „silence“.
Dabei ist es nicht alleine diese Divergenz, die beschäftigt: Der wohl bedeutendsten Dramatiker der Weltliteratur bot und bietet – so Dr. Till Kinzel – Diskussionsbedarf auf allen Ebenen. Der Privatdozent von der TU Braunschweig, der den 13. Klassen des Hansenbergs am 15. September Rede und Antwort stand, erwies sich dabei nicht nur als brillanter Shakespeare-Kenner, sondern auch als nicht minder ausgezeichneter Vermittler, der das große Spektrum, das das weitläufige Thema beinhaltete, in seinem vorangestellten Vortrag gleichermaßen prägnant wie informativ aufbereitete.So richtete Dr. Kinzel das Augenmerk unter anderem auf eine Vorgabe, die man nur allzu schnell aus dem Blickfeld verlieren könnte, obgleich sie von enormer Wichtigkeit ist: Der englische Dichter schrieb für Schauspieler, die auf einer uns von der Konzeption fremden Bühne agierten. Sie hatte mit dem heutigen „Guckkasten“ wenig gemein hat, denn das Theater Shakespearescher Zeit erinnerte eher an eine Arena, deren Mittelpunkt eine von allen Seiten einsehbare Bühne ohne Vorhang und versteckte Winkel war. Starb beispielsweise – wobei wir wieder bei unseren Ausgangsbetrachtungen wären – ein Charakter, musste seine Leiche von mindestens zwei Personen von der Bühne geschafft werden, was weit reichende Folgen für die Konzeption eines Stückes hatte. So ließ der Dramatiker möglicherweise einen Boten erscheinen, um das Problem zu lösen.
Besagter Dramatiker liefert im Falle Shakespeare jedoch ebenso viel Interpretationsfreiraum wie seine Stücke. Auch wenn – wie Dr. Kinzel mit einem Schmunzeln verrät – Shakespeare keine Verschwörung aller Lehrer weltweit mit dem Ziele Schüler zu quälen sei, gibt es nicht wenige Kritiker, die den Hebel genau an dieser Stelle ansetzten. Sie unternahmen mit immer neuen Ansätzen den Versuch, grundsätzlich in Frage zu stellten, ob Shakespeare überhaupt der Verfasser „seiner“ Schauspiele sei. Die am häufigsten bemühte These, Dramen, die alleine 18 000 unterschiedliche Wörter enthielten, könnten keinesfalls von einem ungebildeten Mann verfasst worden sein, der niemals eine Universität besuchte, war für Dr. Kinzel alles andere als schlüssig. So prägnant sein Vortrag, so bestechend einfach und sympathisch seine Gegenargumentation: Getreu dem Motto, das man bekanntlich Äpfel nicht mit Birnen vergleichen kann, vertritt er die These, dass auch ein im klassischen Sinne ungebildeter Mann herausragende Dramen verfassen könne, denn Genialität und Bildung seien zwei völlig voneinander unabhängige Konzepte.