Eines langen Tages Reise in die Nacht
Eine zerrüttete Familie; der Vater alkoholabhängig, die Mutter von ihrer Morphiumsucht zerstört, der jüngste Sohn schwindsüchtig und sein Bruder Jamie in den Augen der Familie gescheitert.
Eugene O’Neils „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ skizziert mit eindrucksvollen Mitteln, wie verlogen und unwirklich das Leben des Schauspielers James Tyrone und seiner Familie ist, die an ihren überzogenen Träumen und Erwartungen sowie an mangelndem Vertrauen und gegenseitiger Unterstützung zerbricht. Obwohl anfangs alle krampfhaft darum bemüht sind, alles Leid und jeglichen Streit von der eben aus dem Sanatorium zurückgekehrten Mutter fernzuhalten, kommen nach und nach schwerwiegende alte Konflikte zur Sprache. Das Dilemma wird immer verheerender, denn mit der Zeit wird es immer schwieriger, den schönen Schein aufrecht zu erhalten und die gegenseitigen Schuldzuweisungen werden immer schwerwiegender. Doch obgleich der Vater durch seinen chronischen Geiz die Gesundheit des jüngsten Sohnes Edmund riskiert, kommt es nicht zu einer Aussprache. Auch Mary kann ihrem Mann nicht trauen und versucht seiner Kontrolle zu entgehen, genauso wie Jamie, der die hohen Erwartungen seines Vaters nicht erfüllen konnte und sich nun mit Whiskey und Prostituierten das Leben zu verschönern versucht.
All dies Elend scheint für uns als Zuschauer zum Greifen nah, denn nachdem wir den großen Saal des Frankfurter Schauspielhauses durch einen Eingang betreten hatte, der eher zu Frankfurts berühmt berüchtigter Batschkapp passen würde, saßen wir am Rande der Bühne, deren einzelne Platten sich, ähnlich einer auf und ab wogenden Welle, bewegten. Damit wird dem Zuschauer immer wieder die unsichere Basis, auf die sich die Familienbeziehungen gründen, bewusst gemacht.
Neben äußerst attraktiven Schauspielern bot Christof Nels Inszenierung dieses Dramas viele spannende Momente und außergewöhnliche Einzelheiten, was für uns diesen Theaterbesuch zu einer wahren Wonne machte.